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In diesem Monat präsentiere ich Lesetipps, die sich mit Kunst- und Literaturgeschichte befassen. Ein Autor, der sich auf erzählende Weise einem wichtigen Zeitfenster deutscher Geschichte widmet, ist Uwe Wittstock. Der Journalist erzählt uns von Schriftsteller:Innen und Künstler:Innen in den dunkelsten Momenten der Deutschen Geschichte. In „Februar 33“, erschienen bei C.H. Beck, liest man in fesselnder Art und Weise, wie „Der Winter der Literatur“ hereinbricht und viele Dichter:Innen und Denker:Innen sich den Grauen des NS-Regimes gegenübersehen.
Uwe Wittstock beginnt sein Buch mit der Schilderung eines Presseballes im Januar 1933, kurz bevor Adolf Hitler Reichskanzler wird. Wir erleben diese geschichtsträchtigen Stunden aus der Perspektive verschiedener Personen. Uwe Wittstock arrangiert diese mit ihren Erlebnissen wie Filmszenerien und setzt Spotlights, die in ihrer Abfolge die Dramatik der Ereignisse betonen. Als Personen treten unter anderem Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Joseph Roth, Carl Zuckmayer, Joseph Roth, Else Lasker-Schüler, Gottfried Benn, Ricarda Huch, Hans Fallada, Erich Kästner sowie Heinrich und Thomas Mann auf. All diese Personen reagieren unterschiedlich auf die Ereignisse, sind sich unsicher ob der entstehenden Gefahren. Manch einer glaubt, dass der Spuk schnell vorbei ist, andere setzten auf Vereinigungen und müssen erkennen, wie diese zu einem Instrument der Macht wurden. Thomas Mann kommentiert die Geschehnisse aus der Distanz und hat sich in seiner politischen Einschätzung gewandelt. Er erlebt, wie sein Bruder Heinrich diskreditiert wird und ist zugleich Hoffnungsträger einiger Kolleg:Innen. Schlussendlich wird niemand zum einflussreichen Gegenspieler oder Widerstandskämpfer. Beeindruckend an der Darstellung von Uwe Wittstock ist, dass er den Fokus auf die Monate Februar und März im Jahr 1933 legt und innerhalb dieser kurzen Zeitphase die Umgestaltung in eine Diktatur offenbar wird. Schnell werden Rechte durch die NSDAP ausgehebelt und die Gleichschaltung geschieht. Die Kürze der Handlungen lässt den Künstler:Innen keine Zeit zum Nachdenken.
Wittstock schildert all dies dank einer umfassenden Recherche, mit einem Zugriff auf ein großes Archiv, er schildert Begegnungen und Treffen anhand von Protokollen, Briefen und Tagebucheinträgen. Wir erleben somit die dramatischen Szenen, als wären wir direkt dabei und hören die Figuren in ihrem jeweiligen eigenen Ton. Für mich ist das Spannende an diesem Buch, dass man wie aus erster Hand erfährt, in welcher Stimmung diese Menschen von den Ereignissen der Geschichte überrollt werden. Zudem erfahre ich, wie die Schriftsteller:Innen schrittweise erfahren, dass sie fortan in den Händen der Diktatur sind. Dabei sind die unterschiedlichen Reaktionen spannend, teilweise unerwartet und zeigen auf, welch differente Charaktere agieren müssen. Überraschend war für mich unter anderem der kritische Blick auf den Verleger Ernst Rowohlt, sowie die Namen derjenigen, die sogleich darauf drängen, dass man sich dem Regime entgegenstellen sollte. Des Weiteren schafft es Wittstock meine Lust auf Romane der geschilderten Personen zu steigern und mich intensiver mit diesen Werken auseinanderzusetzen. Dies wird sich sicherlich auf meinem Blog widerspiegeln können. Die erzählende Stilistik macht dieses Sachbuch lebendig und aufgrund der szenenhaften Darstellung entsteht eine spannende und abwechslungsreiche Schilderung. Sprachlich ist dieses Buch durchgehend auf hohem Niveau und ansprechend zu lesen. Das Quellenverzeichnis gibt dann den Blick auf die Recherchearbeit frei. Ich hätte mir an der ein oder anderen Stelle des Textes einen Blick auf die weiteren Folgen gewünscht, doch dies hätte der Grundintention des Textes widersprochen. Zudem hat Wittstock mittlerweile ein weiteres Zeitfenster mit ähnlicher Ästhetik betrachtet.
Fazit
Dieses Buch ist ein wichtiger Blick auf eine kleine Zeitphase deutscher Geschichte und offenbart, wie wichtig eine Aufmerksamkeit gegenüber extremen politischen Tendenzen ist. Man darf die Geschehnisse nicht unterschätzen und zugleich wird deutlich, wie schwer es ist, sich solchen Entwicklungen entgegenzustellen. Es ist eine kurzweilige Schilderung, die uns viele Schriftsteller:Innen mit literaturhistorischer Bedeutung nahe bringt und Lust auf Literatur macht.
Autor:Inneninformation
Uwe Wittstock (1955) war zunächst als Journalist bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung tätig, später arbeitete er als Lektor für den Fischer Verlag. Anschließend betreute er bei unterschiedlichen Magazinen und Zeitungen, Feuilleton und Literaturteil. Er hat verschiedene Monografien zur Literaturgeschichte veröffentlicht und lebt heute in Frankfurt am Main.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧1/2🐧
Titel: Februar 33 – Der Winter der Literatur
ISBN: 978-3-406-77693-9