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An meinem ersten Tag beim Frankfurter Literaturfestival habe ich mir zwei Veranstaltungen angesehen und so ging es nach der Veranstaltung mit Mareike Fallwickl und Franziska Schutzbach direkt zum Mousonturm. Letzterer gilt als erstes Frankfurter Hochhaus, womit auch die Verbindung zu Literaturm hergestellt ist. Vorneweg möchte ich die wunderbare Moderation von Björn Jager hervorheben, der mich zum wiederholten Male begeistert. Seine Moderation ermöglicht es in die Bücher einzudringen, ihre Tiefe zu erfassen, ohne dass dabei den Autor*Innen zu nahe getreten wird. Philipp Winkler ist entspannter Gesprächsgast, lässt die Zuhörerschaft aber durchaus nahe an sich heran. Er berichtet davon, dass sein Schreiben am Buch „Creep“ von Depressionen geprägt war. Inhaltsgeber seines Buches waren Angestellte von Social Media Plattformen, die entweder nicht oder schlecht bezahlt, den ganzen Tag Content moderieren sollen und damit auch für unsere Welt zu Inhaltsgebern werden. Der Abend zeigt auf, dass Winkler auch bei diesem Roman eine umfassende Recherche geleistet hat, auch wenn er dies im Gespräch mit Understatement versieht. Fanny als eine der Hauptfiguren ist im Überwachungsbereich tätig und das immer wieder stattfindende Ansehen von Videos sorgt für einen Rhythmus. Die gewählte Thematik des Romans erinnert mich stark an Berit Glanz und ihren neuen Roman „Automaton“. Fanny markiert was als gefährlich oder ungefährlich einzustufen ist, sie übernimmt quasi wie die Hauptfigur bei Glanz eine Art „Türsteher*Innen-Funktion“. Mit ihrer Ausgestaltung hat Winkler Fanny zu einer Person gemacht, die mit ihrer Tätigkeit den dauerhaften Konsum wiederspiegelt, was auch durch das wenig vorhandene soziale Leben betont wird. Durch die geringe soziale Handlung seiner Figuren kommt der Sprache eine weitere wichtige Funktion zu. Sprache muss in diesem Roman als Kulisse dienen. Das Gespräch reflektiert, dass diese Sprache durchaus als sperrig bezeichnet werden kann. Winkler erläutert jedoch nachvollziehbar, warum diese Art der Sprache notwendig ist. Mit ihrer Wahl zwingt er uns als Leserschaft in die dargestellte Welt einzutauchen. Der Text soll einen quasi überfluten. Dies gelingt bei mir nicht gänzlich und doch sorgen die Erläuterungen an diesem Abend dafür, dass ich besser mit dem Text zurechtkomme.
Die ausgewählten Textpassagen geben einen guten Einblick in den Roman, seine dargestellte Welt und die Funktionsweise. Im Gespräch geht es auch um die Verknüpfung der beiden Personen und es wird nochmals darauf verwiesen, dass beide Personen auch auf prägende Personen der Vergangenheit treffen. In diesen Begegnungen ist durchaus nochmals die Chance gegeben der digitalen Welt wieder zu entfliehen, doch dies geschieht bei beiden Personen nicht. Die erzählte Welt wird bei Fanny von Emotions- und Humorlosigkeit geprägt, die sich bei Junya dann in Gewaltszenarien entlädt und damit auch Ekel in den Vordergrund rückt. Das Buch zeichnet sich durch eine Körperlichkeit aus, die es erschwert sich vor diesen Szenarien zu drücken. Vielleicht ist dieser Effekt auch mit der Zielsetzung des Eintauchens verbunden. Mir hat der Abend gut gefallen, da ich mit dem Buch durchaus gehadert habe und das moderierte Gespräch durchaus das ein oder andere Fragezeichen ausgeräumt hat. Winkler ist ein spannender Gast und durch die gute Vorbereitung von Björn Jager erhielt man einen Einblick in den Schreiprozess und ästhetische Funktionen innerhalb des Textes.
Rezension zum Buch findet sich unter: