Serienkritik: Transatlantic

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In meinen Wochen der Literatur- und Kulturgeschichte bin ich auf Bücher gestoßen, die sich mit Fluchtbewegungen von Intellektuellen aus Deutschland während des Zweiten Weltkriegs beschäftigen. In diesen Büchern bin ich auf eine spannende Geschichte aus Frankreich gestoßen, denn in Marseille hat eine Gruppe von US-Amerikanern etwa 2.000 Flüchtigen geholfen, den Schrecken des NS-Regimes zu entkommen. Gefördert wird dies alles durch das Erbe einer US-Amerikanerin und so konnten viele Intellektuelle und Künstler den Weg in die Vereinigten Staaten schaffen, darunter unter anderem Marc Chagall oder Hannah Arendt. Ein Stoff, der natürlich auch für Film und Fernsehen interessant ist. Es wundert daher nicht, dass sich Netflix dieser historischen Begebenheit in einer Miniserie angenommen hat. Die Serie basiert auf einem Roman der US-amerikanischen Autorin Julie Orringer. Mary Jayne Gold (gespielt von Gillian Jacobs) ist eine wohlhabende Amerikanerin, die den Journalisten Varian Fry (Cory Michael Smith) um Unterstützung bittet. Da sie nicht allen Flüchtenden helfen können, konzentrieren sie sich auf eine bestimmte Personengruppe. Je professioneller die Organisation wird, desto auffälliger werden die Aktivitäten der Gruppierung, die sich den Namen „Emergency Rescue Committee“ gibt. Marseille ist Zentrum dieser Bemühungen, da dort eine Schiffspassage in die USA möglich scheint. Ursprünglich hatten Fry und seine Mitstreiter auf die Unterstützung des amerikanischen Konsulats setzen wollen, erkennen aber vor Ort, dass dies nicht möglich ist. Die USA sind zum Zeitpunkt des Geschehens noch nicht in den Krieg eingetreten und das Konsulat vor Ort setzt darauf, sich auch mit möglichen neuen Machthabern gut zu stellen. Somit ist ein wesentlicher ausgetragener Konflikt einer, der offenbart, wie unterschiedlich die Situation um Nazideutschland eingeschätzt wurde. Varian Fry und seine Unterstützer sind in dieser Serie Idealisten, die sich auch von Bedrohungen durch die Polizei des Vichy-Regimes nicht von ihrem Ziel abbringen lassen. Die Serie drückt zudem eine gewisse Ambivalenz aus, da die auf Flucht hoffenden Künstler:Innen zugleich mit ihrer Kreativität und dem Wunsch nach einem Leben in Freiheit viel Lebensmut und Hoffnung vermitteln. Es bildet sich eine Parallelgesellschaft in Marseille heraus, welche die Hoffnung auf eine bessere Zukunft tragen kann.

Produzentin und Serienschöpferin Anna Winger betont, dass sie die Stärke der Serie genau darin sieht, dass hier einfache Bürger:Innen zu Helden werden. Die Serie macht aus dieser Grundlage kein Geheimnis und überrascht insofern, als sie spielerisch diese dramatische Handlung erzählt. Mich konnte die Serie allerdings mit diesem spielerischen Ansatz nicht für sich gewinnen. Mir sind die Darstellungen bestimmter Intellektueller, wie unter anderem Walter Benjamin (Moritz Bleibtreu) zu holzschnittartig, auch Max Ernst ist in dieser Serie eine Person, die den Ernst der Lage zu verkennen scheint. Es kann natürlich so gewesen sein und doch ist es angesichts der drohenden Verfolgung durch den Nationalsozialismus nur schwer zu glauben. Des Weiteren sorgt der spielerische Ansatz mit Spotlights auf bestimmte Personenbeziehungen dafür, dass man der zentralen Handlung mit ihren Nebensträngen nicht besonders leicht folgen kann. Die Serienidee ist allerdings zu loben, denn wie schon bei meinen Lektüren zu dieser Zeit bin ich äußerst überrascht, dass man über diese bedeutenden Fluchthelfer:Innen fast nichts weiß und darüber sollte mehr gesprochen werden.

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Wertung: 🐧🐧🐧1/2🐧

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