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Rüdiger Safranski zählt zu meinen liebsten Sachbuchautoren (unabhängig der politischen Diskussionen um ihn), da ich seinen Schreibstil äußerst schätze. Da ich mich in diesen Wochen mit Literatur- und Kulturgeschichte beschäftige und einen Schwerpunkt die „Romantik“ bildet, war für mich klar, dass ich natürlich dann auch zu seinem Buch über diese so wichtige literarische Epoche greifen muss. Das Buch von Safranski unterscheidet sich von anderen in diesem Monat vorgestellten Büchern in seiner Stilistik. Rüdiger Safranski ist näher bei Werken und ihren Strukturen. Er widmet sich in seinem Buch zunächst der Romantik als Epoche, blickt aber für diese Analyse durchaus auch auf eine gewisse Zeit zuvor und danach. Für ihn ist in der Romantik der lebendige Geist entscheidend, welcher diese Epoche vielseitig macht, aber auch Widersprüche in ihr aufdeckt. Die historischen und damit die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe werden von Rüdiger Safranski gut eingebunden und lassen bestimmte ästhetische Entwicklungen auch mit ihnen in Verbindung bringen. Man merkt Safranski die Faszination für das von ihm gewählte Thema durchgehend an. Er widmet sich in seinem Buch den Autor:Innen, die man mehrheitlich aus dem eigenen Deutschunterricht kennt, reiht diese aber passend in den Zeitkontext ein. Safranski zeigt die Einflüsse, welche die Künstler:Innen mit ihrem Wirken aufeinander hatten. Gerade die Bedeutung für die jeweiligen literarischen Gattungen und Veränderungen dieser ist mir durch das Lesen dieses Buches erst so richtig bewusst geworden. Dabei kommt auch die Philosophie mit ihren Ideen nicht zu kurz. Fichte, Schiller, Schelling, Tieck, Eichendorff, Novalis, die Gebrüder Schlegel und noch einige mehr treten in diesem Buch auf und dies zeigt das Bemühen Safranskis einen Gesamtblick zu liefern. Das naive, verträumte und doch idealistische Denken dieser Epoche wird von ihm gut erläutert und zugleich so dargestellt, dass die Faszination des damaligen Denkens greifbar ist. Die Romantik mit den zu dieser Zeit erscheinenden Prosatexten sowie ihrer Lyrik wagt bewusst den Schritt ins Mystische und ist damit Vorläufer vieler ästhetischer Experimente. Die politischen Auswirkungen des nach Freiheit strebenden Denkens werden von Rüdiger Safranski benannt, jedoch mit der Markierung, dass für diese gesellschaftlichen Entwicklungen, die zugleich mit Gewalt in Verbindung stehen, die Kunst nicht schuldig zu machen ist.
Mit dem zweiten Teil seines Buches widmet er sich den Auswirkungen der Romantik und hier spannt er tatsächlich einen großen Bogen bis zur 68er-Bewegung. Dieser Teil des Buches ist aus meiner Sicht etwas schwächer in seiner Darstellung. Nicht jede Verknüpfung erscheint für mich nachvollziehbar. Trotzdem finde ich diesen Teil ebenfalls interessant zu lesen, denn damit gelingt es Safranski nochmals deutlich zu machen, wie groß man diese Epoche in der Kulturgeschichte bemessen sollte. Wir blicken mit ihm noch einmal auf Stefan George, Rainer Maria Rilke und viele weitere Künstler:innen, in deren Werken man die Ideen der Romantik spüren kann. Schwäche der Herausstellung dieser Bedeutung ist sicherlich der Fokus des Buches auf den deutschsprachigen Kulturraum. Trotzdem weckt das Buch bei mir eine große Lust auf all jene Autor:Innen, die zu dieser Zeit mit ihren ästhetischen Ideen einen großen Impuls auf unsere Kultur gegeben haben.
Fazit
Rüdiger Safranski liefert mit diesem Buch einen guten Überblick über die großen Denker:Innen der Romantik, wenn auch bei ihm die Männer dominieren. Man spürt auf jeder Seite die Faszination für das gewählte Thema und es gelingt ihm, diese auf die Leserschaft zu übertragen. Sicherlich ist das Buch an einigen Stellen mit wissenschaftlichem Anspruch versehen, trotzdem ist es eine richtig tolle Sachbuchlektüre, auch für all jene, die kein Germanistikstudium absolviert haben. Für mich ist es das beste Sachbuch, um einen Überblick über diese so bedeutende kulturelle Epoche zu erhalten.
Autor:Inneninformation
Rüdiger Safranski (1945) ist Literaturwissenschaftler, Philosoph und Schriftsteller. Er schrieb verschiedene Monografien zu bekannten Personen der deutschen Geistes- und Ideengeschichte, unter anderem über Friedrich Schiller, Friedrich Nietzsche oder Johann Wolfgang von Goethe. Von 2002 bis 2012 moderierte er gemeinsam mit Peter Slotderdijk das Philosophische Quartett im ZDF.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧🐧
Titel: Romantik
ISBN: 978-3-596-18230-5
https://www.fischerverlage.de/buch/ruediger-safranski-romantik-9783596182305