Philipp Hübl hält uns mit seinem Buch „Die aufgeregte Gesellschaft“ den Spiegel vor und zeigt uns, dass wir weniger anhand klarer Prinzipien entscheiden, sondern uns mehr von unseren Emotionen beeinflussen lassen. In verständlichen Schritten wird die Leserschaft aktiv eingebunden, sodass man den Gedankengängen gut folgen kann. Unabhängig davon, ob man die Schlussfolgerungen des Buches teilt, liegt der Fokus auf dem Prozess der Entscheidungsfindung und diese Ansätze sind sehr nachvollziehbar. Eine Lektüre, die uns helfen könnte, unsere Emotionen besser einzuordnen.
Artikelserie „Erregungswelle“
Neben den Planungen des Literaturfestes „literaturm“, welches dann leider corona-bedingt nicht stattfinden konnte, hat mich auch das Buch des Philosophen Philipp Hübl auf die Idee gebracht eine Artikelserie zum Thema „Gesellschaftliche Erregung“ zu starten. Das Buch „Die aufgeregte Gesellschaft“ versucht zu ergründen, woher die polarisierenden Erregungswellen kommen und warum wir sie als so dominant empfinden. Für mich persönlich gibt es kein besseres Buch, um diese Artikelserie zu beenden. Natürlich heißt dies nicht, dass uns dieses Thema nicht weiter verfolgen wird, sondern auch auf diesem Blog wird es immer wieder Bücher geben, welche dieses so wichtige Thema aufgreifen.
Um was geht es?
Der Moralphilosoph Philipp Hübl versucht seiner Leserschaft schrittweise aufzuzeigen, wie sich moralische Identität herausbildet und in welchem Verhältnis dies zu unseren politischen Ansichten steht. Dabei stützt sich der Autor auf moralpsychologische Untersuchungen die aufzeigen, wie Menschen in bestimmten Situationen urteilen. Die Studien zeigen, dass man kein klares System und keine feststehende Ethik feststellen kann. Hübl zieht daraus den Schluss, dass man sich anhand von Emotionen leiten lässt. Diese und die damit verbundenen Reaktionen sieht er als Folge biologischer Triebe und der Sozialisation. In den weiteren Teilen des Buches zeigt Hübl die Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft und wie man Vorurteile überwinden kann, sodass sich auch das emotionale Urteilen verbessert.
Mein Eindruck vom Buch
Philipp Hübl hat ein moralphilosophisches Buch geschrieben, welches sich nicht nur an ein akademisches Publikum richtet. Der erste Teil des Buches lädt die Leserschaft ein, den Gedankengängen des Autors zu folgen. Die Statistiken werden so aufbereitet, dass man die erläuterten Fragen nachvollziehen kann und sich diese Fragen auch selbst stellt. Man steigt als Leser*In sofort ins Thema ein und kann am eigenen Beispiel überprüfen, wie man selbst reagieren würde. Auch bei einem selbst merkt man, dass sich kein klares Muster ergeben wird. Demgegenüber stehen allerdings Studien, die darstellen, dass man anhand bestimmter Charaktermerkmale bestimmte politische Überzeugungen entwickelt. Hübl möchte aus dem Geschilderten heraus aufzeigen, dass dies aber weniger am Charakter, denn an Emotionen liegt. Unsere Reaktionen beruhen nicht auf tiefen moralethischen Ansichten und damit können wir die Entscheidungen nicht an Prinzipien koppeln. Emotionen können biologische Gründe haben, wie dies bei Angst vor Unbekanntem ist. Ergänzt wird dies durch Sozialisationserfahrungen. Die dargestellten Theorien wirken nachvollziehbar, wobei Wirkungen auf die Politik nicht ganz mithalten können.
Die Emotionsspirale unserer heutigen Zeit fußt laut Hübl auf dem erhöhten Tempo gesellschaftlicher Veränderungen. Hier kann die Argumentation nicht auf dem gleichen Niveau verbleiben. Ebenso überzeugt mich die Hoffnung nicht, dass wir aktuell nur ein letztes Aufbäumen des Rechtspopulismus erleben, nicht wirklich. Trotzdem ist es ein sehr lesenswertes Buch, in dem uns der Spiegel vorgehalten wird und wir Schlüsse für unser eigenes Handeln ziehen können. Somit sind die endgültigen Schlussfolgerungen zweitrangig, entscheidend ist sich über die Prozesse unserer Entscheidungsfindung Gedanken zu machen.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧
Philipp Hübl:
Die aufgeregte Gesellschaft
Bertelsmann Verlag
ISBN: 978-3-570-10362-3
Preis: 22,00€
https://www.randomhouse.de/Buch/Die-aufgeregte-Gesellschaft/Philipp-Huebl/C-Bertelsmann/e542406.rhd