Präkels, Manja: Als ich mit Hitler Schnapskirchen aß

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An diesem Buch von Manja Präkels ist man eigentlich nur schwer vorbeigekommen und doch bin ich vor Literaturm nie zu seiner Lektüre gekommen. Da ich mich schon in der Vergangenheit mit Literatur beschäftigt habe, die „Ostdeutschland“ in den Fokus rückt, habe ich eine Veranstaltung des Festivals gerne zum Anlass genommen, nun auch endlich Manja Präkels mit ihrem Roman „Als ich mit Hitler Schnapskirchen aß“ aus dem Verbrecher Verlag zu lesen.

  • Um was geht es ?

Der Roman erzählt aus einer jugendlichen Perspektive aus einem Dorf in Ostdeutschland aus den 80er Jahren. Die DDR entwickelt sich zunehmend ihrem Ende entgegen und dann kommt die Wende und mit ihr zieht der Wandel ein. Doch mit dieser politischen Entwicklung übernehmen wie selbstverständlich Gruppierungen das Ortsgeschehen, die sich deutlich als Anhänger des Nationalsozialismus zu erkennen geben. Auch die Familie der jugendlichen Erzählerin muss sich den sozialen und politischen Veränderungen stellen, die sowohl die Familie als auch das Dorfleben zu überfordern scheinen. Die jugendliche Protagonistin schildert wie sie mit diesen Veränderungen umgeht und das sich die Wandlung des Klimas im Ort auch auf einen ihrer Jugendfreunde auswirkt. Dieser scheint sich einer Gruppe von Nationalsozialisten angeschlossen zu haben und damit ein Stück gemeinsame Vergangenheit zu verraten.

Vielleicht hat mir Hitler das Leben gerettet, damals. Wir hatten gegeneinander gekämpft, ohne uns dabei je direkt gegenübergestanden zu haben.

Präkels, Manja: Als ich mit Hitler Schnapskirchen aß, 2019, btb Verlag, S.7.

Das Zitat der ersten beiden Sätze markiert, dass uns die erzählende Figur im Rückblick eine Geschichte erzählen wird und darin wird der Nationalsozialismus eine Rolle spielen. Zudem wird deutlich, dass unsere Erzählerin nicht mit der historischen Figur Hitler in Kontakt geraten wird, vielmehr deutet sich schon in diesen zwei Sätzen an, dass Vergleiche eine Rolle spielen. Letzteres ist typisch für Romane, die sich auch an jugendliche Leser*Innen richtet.

Durch Zitierung dieses Teils des ersten Absatzes möchte ich auch herausstellen, dass dieses Buch mit seiner Typographie arbeitet. Schon der Titel ist besonders, da er das Wort „Hunger“ in Klammern hinter dem Wort „Rot“ setzt. Schon dies markiert die Ebenen auf denen das Buch operiert. Es geht um die Doppeldeutigkeit der Sprache des Begehrens, die von ihrer Körperlichkeit zehrt. Durch das besondere Setzen des Textes wird die Materialität der Sprache ausgestellt. Ebenso zeigt sich in dieser Textpassage die hohe sprachliche Qualität, als Beispiel sei das Geräusch brennenden Papiers benannt. Die sprachliche Qualität kann man dem Text auch an keiner Stelle absprechen, aber aus meiner Sicht ist schon die Setztechnik kritisch zu werten. In der ausgestellten Materialität wird aus meinem Blickwinkel nie richtig Potential geschöpft. Inhaltlich lassen sich die beiden Textebenen nur schwerlich miteinander verknüpfen, der Bindungspunkt ist tatsächlich auf der sprachlichen Ebene zu suchen.

Der Roman sieht in der Sprache des Begehrens und dem Wunsch miteinander zu verschmelzen einen Aspekt, der sich auch in den Taten des Kannibalen von Rothenburg ausdrückt. Es geht somit, wie es der eingangs zitierte Absatz markiert, auch um die Abstände zwischen zwei Menschen, die zueinander finden. Es mag verwirrend wirken, dass dieser Roman fast nüchtern die Rothenburg Geschichte erzählt, von der Kontaktaufnahme bis zum Wochenende der Vollendung, einem Protokoll ähnlich, wenn auch in hoher sprachlichen Qualität. Zwei Männer finden sich unter Pseudonym im Netz zusammen, um ihr gegenseitiges Begehren zu befriedigen. Ich sehe darin den Ausgangs des Textes, der sich zu einem ambitionierten sprachästhetischen Spiel weiterentwickelt. Mich kann der Text trotzdem auch aufgrund seiner Thematik nie ganz abholen, das Geschilderte wird für mich durch die poetische Kunst eher noch belastender.

Auch die Liebesgeschichte kann mich als Leser nie gänzlich packen, da die erzählende Stimme ebenfalls auf Distanz geht. Es liegt wenig Sympathie in diesem Text und der erzählten Liebesgeschichte. Trotz der hohen poetischen Intensität transportiert der Text wenig Emotionen, sondern betont die Materialität der Sprache. Zudem verbindet sich diese Erzählstimme auch mit dem Autoren, es geht nun auch darum, wie man über Liebe schreiben kann und das die Faszination an der Geschichte des Kannibalen dabei zu helfen scheint. Das Buch lässt einen auf jeden Fall unbehaglich zurück, da man sich trotz der nachvollziehbaren sprachlichen Verknüpfungen, keine Nähe der beiden Geschichten vorstellen mag.

  • Wie bewerte ich das Buch?

Stärke des Buches ist definitiv die sprachliche Qualität mit dieser ungeheuren poetischen Kraft. Reihenweise finden sich in diesem Werk Sätze, die einem neue aber doch passende Bilder in den Kopf setzen, was beim Lesen aber eine hohe Konzentration erfordert. Dieser anspruchsvolle Text lässt sich nicht schnell herunterlesen, vielmehr erfordert er auch noch, dass man ihn nach jedem Lektüreabschnitt sacken lässt. Mich hat dieses Buch angestrengt und nicht alle Motive des Textes konnten sich mir offenbaren, auch die sprachlichen Finessen sind nicht in Gänze zu fassen. Die Grundidee des Textes und die sprachliche Verknüpfung der dargestellten Thematik über die Sprache des Begehrens leuchtet ein. Ich empfinde die Einzigartigkeit dieser Idee sogar als herausragendes Qualitätsmerkmal deutschsprachiger Literatur. Jedoch übertreibt der Text dies und die Grundidee kann nicht die gesamte Handlung tragen. Vielleicht ist ein Roman nicht die richtige Gattungswahl für dieses Thema und die sprachliche Qualität gewesen.

  • Infos zum Buch

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧🐧

Manja Präkels:

Als ich mit Hitler Schnapskirchen aß

Hardcover Verbrecher Verlag

ISBN: 978-3957322722

Preis: 20,00€

https://www.verbrecherverlag.de/book/detail/908

Taschenbuch btb Verlag

ISBN: 978-3442717866

Preis: 10,00€

https://www.penguinrandomhouse.de/Taschenbuch/Als-ich-mit-Hitler-Schnapskirschen-ass/Manja-Praekels/btb/e545137.rhd

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