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Herfried Münkler zählt zu den medial präsenten Wissenschaftlern in Deutschland und hat schon einige Bücher verfasst, die von der Kritik gelobt wurden. Mit „Marx, Wagner, Nietzsche. Welt im Umbruch“ legt er im Rowohlt Verlag nun ein Buch vor, das sich mit drei ganz Großen in der deutschen Kultur- und Ideengeschichte beschäftigt. Es ist eine durchaus spannende Idee, anhand der Biografien dreier einflussmächtiger Denker die Umbrüche des 19. Jahrhunderts zu schildern. Zugleich ist diese Idee auch komplex, denn Münkler stellt diese Welt im Umbruch nicht chronologisch anhand von Lebensdaten dar, sondern setzt thematische Knotenpunkte. Dabei geht es dem Autor nicht darum, neue Thesen zu seinen drei Hauptfiguren aufzustellen, sondern ihre Arbeit nochmals in einen anderen Zusammenhang zu setzen. Die drei Personen werden so in ein fiktives Gespräch zueinander gesetzt, denn außer Wagner und Nietzsche gab es nie einen persönlichen Kontakt. Doch die gewählte Darstellung zeigt, dass sie sich und ihr zeithistorisches Umfeld untereinander befruchteten. Münkler geht ihrem Denken in den Themenkomplexen Religion, Revolution, Gesellschaft und der Einschätzung der Bürgerschaft nach. Natürlich wird das Thema Antisemitismus ebenfalls nicht ausgeblendet. Bei diesem letzten Thema zeigt sich deutlich, wie diese drei auch Kinder ihrer Zeit sind und sich den vorherrschenden antisemitischen Grundhaltungen in ihrem Denken nicht entziehen können. Sie unterscheiden sich jedoch darin, wie sie mit den Auswirkungen dieses Denkens umgehen und sich in dieser Frage geistig entwickeln. Marx, Nietzsche und Wagner haben sich mit ihren Schriften alle eine bedeutende Rolle erarbeitet. Marx ist der Kritiker des Kapitalismus, Wagner hat den Gedanken des Gesamtkunstwerkes geprägt und Nietzsche mit seinem Denken die Idee der individuellen Freiheit zu einem wichtigen Credo erhoben. Nietzsche und Wagner werden ausgehend von ihrem Treffen anlässlich der Bayreuther Festspiele in Beziehung gesetzt und dabei herausgearbeitet, wie sich diese Verbindung in ihren Werken manifestierte, wenn der Kontakt auch nur von kurzer Dauer war. Interessant ist es tatsächlich, wenn Münkler aus Passagen zitiert, in denen sich einer der Denker auf einen anderen bezieht. Ebenso zeigt sich in diesem Werk, wie sehr das 19. Jahrhundert durch Revolutionen gekennzeichnet ist. In ihrer Auseinandersetzung mit den historischen Revolutionen dieser Zeiten unterscheiden sich die geschilderten Protagonisten allerdings. Das Buch kann mich dabei an der ein oder anderen Stelle mit gewissen Einsichten überraschen. Prekäre Verhältnisse prägen in ihrem Schaffen Wagner und Marx; beide stehen damit in einem Abhängigkeitsverhältnis, was Münkler an einigen Stellen gut herausarbeitet. Alle drei sind in ihrem Leben immer wieder von Krankheiten gebeutelt. Die Parallelen und Unterschiede werden anhand der gewählten Themenfokussierungen deutlich.
Herfried Münkler zeigt in seinem Buch starke wissenschaftlich-analytische Zusammenführungen, doch tatsächlich sind diese mit all ihren Auswirkungen für Laien aus meiner Sicht schwer zu erkennen. Mich ermüdet die Fülle der verarbeiteten Informationen und dass die Struktur des Buches nach Themen funktioniert und nicht den chronologischen Abläufen folgt. Manche Interpretation geht mir an der ein oder anderen Stelle auch zu weit, sodass ich nicht ganz in die vielen Lobeshymnen zu diesem Werk einstimmen kann. Zwischendurch lässt Münkler immer wieder Passagen einfließen, in welchen die drei Protagonisten näher an die Leserschaft heranrücken, trotzdem überlagern wissenschaftliche Betrachtungen. Dominant erscheinen für mich an der ein oder anderen Stelle immer wieder die Werke Richard Wagners zu sein und hier kann ich auch nicht jede geschilderte Verbindung nachvollziehen. Insgesamt ist das Buch ein Zeitporträt anhand dreier einflussreicher Denker.
Fazit
Es ist schwer, dieses umfassende Werk in wenigen Worten zusammenzufassen, da es Herfried Münkler gelingt, eine Vielzahl von Themen zu transportieren und genau darin liegt aus meiner Perspektive eine Schwäche. Die Darstellungen brauchen größeren Raum, bekommen diesen aber nicht immer in der notwendigen Tiefe. Für mich kann sich dieses Buch nicht entscheiden, an welches Zielpublikum es sich richten möchte.
Autor:Inneninformation
Herfried Münkler (geb. 1951) studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft. Seine Dissertation gilt bis heute als ein Standardwerk zu Macchiavelli. Seit 1992 ist er als Professor an der Humboldt-Universität in Berlin tätig. Er hat verschiedene Bestseller geschrieben und war auch schon beraten für die Bundesregierung tätig.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧1/2🐧
Titel: Marx, Wagner, Nietzsche. Welt im Umbruch
ISBN: 978-3-499-00587-9
https://www.rowohlt.de/buch/herfried-muenkler-marx-wagner-nietzsche-9783499005879