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Stefan Matuschek liefert mit seinem Buch „Der gedichtete Himmel“ erschienen im C.H. Beck Verlag eine wissenschaftliche Übersichtsdarstellung der Epoche der Romantik. Matuschek möchte mit seinem Buch eine umfassende Darstellung liefern und die wissenschaftliche Grundlage seiner Herangehensweise betonen. Dabei zeigt er auf, dass es in den Darstellungen zur Romantik durchaus schon einige Verklärungen gibt. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Romantiker in vielen Darstellungen ausschließlich auf einen reaktionären Charakter reduziert und oftmals, wie auch bei Rüdiger Safranski, mit einer Zentralperspektive auf Deutschland in Verbindung gesetzt werden. Letzteres war schon in anderen kürzlich erschienenen Büchern neu betrachtet worden, aber die Untermauerungen inklusive Werkverweisen sind bei Matuschek argumentativ nochmals stärker. Für Matuschek bildet die Romantik keinen Gegenpol zur Rationalität der Aufklärung, sondern ist mit ihrem Fokus auf Kreativität ein weiterer entscheidender Impuls für die Entwicklung unserer Moderne. In jeder Schrift der Romantik ist somit eine klare Reflexion vorhanden, dass bestimmte erdichtete Welten keine realen Zielsetzungen darstellen. Nichts lässt dieses Buch aus, wir erfahren alles von den ästhetischen Vorstellungen mit dem Symbol der „blauen Blume“ über Märchen bis hin zur Schauerromantik. Dadurch eröffnet sich die Bedeutung von Frankreich und England für diese Epoche und setzt einen bewussten Gegenpol zu den Darstellungen bei Safranski. Die intellektuelle Nähe zu den Ideen der Aufklärung wird aus meiner Sicht in diesem Buch gut dargestellt und es erschließt sich, dass man „Aufklärung“ und „Romantik“ nicht als Gegensätze, sondern als Wellen einer Entwicklung begreifen kann.
Man muss Matuschek auf jeden Fall für seine pointierten und zahlreichen Textanalysen loben. Mit dieser akribischen Arbeit ist er Wegbereiter einer sachlichen Analyse, deren Qualität jedem anderen Buch, das ich bisher auf dem Blog zu diesem Thema besprochen habe, überlegen ist. Natürlich bedeutet diese wissenschaftliche Ebene zugleich, dass sich dieses Buch nicht wirklich an eine breite Leserschaft richtet. Bestimmte Argumentationsstrukturen anhand von Textanalysen setzen durchaus eine literaturwissenschaftliche Grundkenntnis voraus. Dies kann durchaus anstrengend auf die Leserschaft wirken. Ich konnte das Buch auf jeden Fall nicht flüssig durchlesen und habe immer wieder Pausen benötigt.
Matuschek gelingt in seinem Buch eine nachvollziehbare Verbindung zum Erfolg romantischer Autor:Innen und der technischen Entwicklung des Buchdrucks herzustellen. Die Stärkung des Individuums und die Freiheit des Denkens kann sich nur aufgrund dieser technischen Errungenschaft verbreiten. Doch Matuschek zeigt nicht nur die positiven Auswirkungen dieser Epoche, er verschweigt nicht die Verklärung bestimmter romantischer Ideen durch völkische Ideologien, wie man sie unter anderem bei Turnvater Jahn oder auch im Nationalsozialismus findet.
Dies ist das letzte Buch meines kleinen Leseprojektes zur Romantik und ich kann für mich definitiv festhalten, dass meine Faszination für diese Epoche nochmals zugenommen hat. All die wunderbaren entstandenen Texte machen auf jeden Fall Lust auf mehr und der ein oder andere klassische Autor der Romantik ist mit seinen Büchern auf meine Leseliste gerückt. Ebenso ist mir deutlich geworden, welch großen ästhetischen Einfluss diese Epoche auf unsere literarische Moderne hat.
Fazit
Mit diesem Buch gelingt Stefan Matuschek ein Überblick, der alle wichtigen Strömungen und Autor:Innen der Romantik erfasst. Bewusst setzt er sich mit seiner These „Aufklärung“ und „Romantik“ nicht als Gegensätze, sondern als Ergänzungen zu verstehen, von der Darstellung Rüdiger Safrankis ab. Es gelingt ihm, dies anschaulich darzustellen und der Epoche einen dezidierten europäischen Hintergrund zu geben. Ebenso verschweigt dieses Buch keine ideologischen Verklärungen. Der Stil ist ein betont wissenschaftlicher, denn Matuschek möchte seine Thesen argumentativ mit Textanalysen unterstützen. Damit löst er sich davon, mit diesem Buch ein breites Publikum anzusprechen, da durchaus an der ein oder anderen Stelle literaturwissenschaftliche Grundkenntnisse hilfreich sind, um den Argumenten zu folgen. Insgesamt ist dieses Buch aber eine beeindruckende Gesamtdarstellung und macht Lust auf die Autor:Innen dieser Epoche.
Autor:Inneninformation
Stefan Matuschek (geb. 1962) studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie und ist seit 1996 Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität in Jena. Mit den Gebrüdern Schlegel beschäftigte er sich schon im Buch „Literarische Spieltheorie“ im Jahr 1998
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧
Titel: Der gedichtete Himmel
ISBN: 978-3-406-76693-0
https://www.chbeck.de/matuschek-gedichtete-himmel/product/31838167