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Im heutigen Post stelle ich Euch einen Roman vor, der sich mit den Auswirkungen von Faschismus beschäftigt. Sepp Mall entführt uns mit seinem Roman „Ein Hund kam in die Küche“, erschienen im Leykam Verlag, ins Südtirol inmitten der NS-Diktatur. Er erzählt von der Entscheidung eines Familienvaters, sich dem Reich zuzuordnen und zeigt auf, wie die damit verbundenen Wünsche entlarvt werden. Doch nicht nur wegen der Aktualität dieser Schilderungen ist dieser Roman für die Longlist des Deutschen Buchpreises nominiert worden.
„Bald würde die Sonne aufgehen und auch den letzten Rest Kälte der Nacht, die noch in unseren Gliedern war, wegschmelzen. Der Boden würde bald auftrocknen und uns das Abwärtsgleiten leichter machen. Von hier oben erblickte man ein paar lichtere Stellen im dichten Wald, das musste der Weg sein, der hinunterführte bis auf den Talboden, zu den ersten Dörfern auf der hiesigen Seite der Grenze. Jetzt wird alles gut, sagte Mutter.“
Mall, Sepp: Ein Hund kam in die Küche, 2023, Leykam Verlag, S.156.
Die zitierte Textstelle repräsentiert aus meiner Sicht, wie Sepp Mall anhand sprachlicher Bilder die Hoffnung der Familie auf bessere Zeiten schildert und zugleich aufscheinen lässt, wie diese Hoffnungen enttäuscht werden. Erzählt wird uns die dramatische Familiengeschichte aus der Perspektive eines Kindes. In der Erzählung wird deutlich, dass die getroffene Entscheidung des Vaters nicht die Zustimmung seiner Familie fand, diese sich aber fügte. Mit dem Rückblick des Kindes bietet sich die Chance, die Ereignisse zu reflektieren und damit den Bogen bis in die heutige Zeit zu schlagen. Denn die historische Dimension der Entscheidung als Südtiroler sich dem faschistischen Reich anzuschließen, wirkt bis heute in die Gesellschaft Südtirols. In der Bevölkerung Südtirols, zwischen der italienischen und österreichischen Kultur stehend, zeigt sich die Widersprüchlichkeit des faschistischen Nationalismus, zu dem sich Hitler und Mussolini bekannten. Die Wanderung der Familie ins Deutsche Reich und damit in eine neue Heimat wird letzteres in der wörtlichen Bedeutung nie einlösen können. Die kindliche Erzählstimme schildert uns, wie die Auswirkungen von Faschismus und Krieg von Beginn an einen Schleier über alles Erleben legen. Die Familie wirkt wie der titelgebende Hund, der sich auf der Suche nach einem besseren Leben auch anbiedern muss. Zugleich schildert uns die kindliche Stimme eine brutale Situation, in der ein Hund von Kindern zu Tode geprügelt wird. Der Grund ist ganz einfach, dass dieser zu Flüchtlingen gehört; es ist schlicht und ergreifend rassistische Ideologie, die hier bei Kindern verfängt. Diese Passage des Textes wirkt eindringlich und ist dabei auch eine beispielhafte Erzählung über die Funktion von Ideologie. Sepp Mall erzählt diese schrecklichen Ereignisse mit hohem Sprachgefühl und nutzt seine kindliche Erzählstimme, um auszudrücken, wofür manchmal auch die Worte fehlen.
„Ich sei ihr Bub, sagte sie, und sie werde mich nie loslassen. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich hätte sie gerne getröstet, aber ich fand keine Worte.“
Mall, Sepp: Ein Hund kam in die Küche, 2023, Leykam Verlag, S.49.
Keine Worte findet man ebenfalls für den Tod des Bruders des Erzählers. Hanno ist behindert auf die Welt gekommen und darf deshalb nicht mit der Familie ins Reich, sondern kommt in ein Heim. Somit muss die Familie direkt erleben, wie brutal die Ideologie zuschlägt, denn Hanno stirbt. Für seinen Bruder ist dieses Geschehen nur in Teilen zu greifen und der Bruder wird als geistiger Gesprächspartner zum dauerhaften Begleiter. Der Erzähler entwickelt eine enge Beziehung zu seiner Mutter. Die Rückkehr des Vaters markiert denjenigen, der für alles verantwortlich scheint. Sepp Mall macht es sich mit seinem Buch aber nicht einfach, um Schuldzuweisungen zu verteilen. Nein, er lässt uns auch an den Zweifeln des aus dem Krieg zurückgekehrten Mannes teilhaben. Schließlich machen sich alle Personen Vorwürfe und sind damit lehrendes Beispiel, was für eine Kälte die Flucht in eine Diktatur hervorbringt.
Fazit
Sepp Mall hat ein bewegendes Buch geschrieben, die kindliche Erzählstimme wird gut genutzt, um Wirkungsweisen einer Diktatur bis in die Sprache zu zeigen. Die Geschehnisse zeigen die Dramatik und die Probleme. Jedoch liefert mir dieser Roman nur an wenigen Stellen neue Erkenntnisse. Zu viele Dinge habe ich schon in einer anderen Erzählung oder einem Sachbuch gelesen und deshalb kann mich der Text nicht fester in seinen Bann ziehen. Die Besonderheit des Textes ist für mich der Fokus auf Südtirol und die spezielle Verbindung der kindlichen Erzählstimme zum Bruder als Opfer der Nationalsozialisten, dies gibt dem Text eine spezielle Wirkung.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧
Sep Mall: Ein Hund kam in die Küche
ISBN: 978-3-7011-8286-2