Jancar, Drago: Als die Welt entstand

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„Aber Friede ist nur der Zeitabschnitt zwischen zwei Kriegen, Danijel weiß das genau, er hat noch nie recht lange gehalten, nach Friedenszeiten ist immer der Krieg gekommen. Es gibt eine Zeit für den Frieden und eine für den Krieg.“



Jancar, Drago, Als die Welt entstand, 2023, Zsolnay Verlag, S.176.

Drago Jancar gilt in Slowenien mittlerweile als literarischer Klassiker. Zum Anlass des Gastlandauftrittes ist im vergangenen Jahr „Als die Welt entstand“ im Zsolnay Verlag erschienen. 

In diesem Roman schildert Jancar aus der Perspektive eines Teenagers das Leben im Maribor nach dem Zweiten Weltkrieg. In die Stadt kommt die junge Lena und findet zunächst ein Heim bei Dachdeckermeister Pepi, betrügt diesen aber schon bald mit dem zwielichtig wirkenden Ljubo. Der Teenager Danijel verfolgt diese Liebesgeschichte und erkennt darin die Tragik des auch vor ihm liegenden Lebens. Der Vater von Danijel war im Konzentrationslager und wurde dort gebrochen. Sein Sohn merkt, dass der Vater immer mehr zu einer erbärmlichen Figur wird. Stärkeren Einfluss hat der Pfarrer der Stadt, dessen barsche Art zu einer herzerwärmenden Szene führt, in welcher der Vater Danijel verteidigt. Der Krieg ist allgegenwärtig und mit den Spuren noch zu sehen, der Vater hadert damit, eine Chance, Hitler zu töten, ungenutzt gelassen zu haben. Ob diese Geschichte stimmt, lässt der Roman offen.  Es ist für dieses Buch aufgrund der jugendlichen Perspektive nicht entscheidend, welchen Wahrheitsgehalt geschilderte Erzählungen haben, vielmehr sind sie Zeugnis, wie Danijel diese Welt erfasst. Als wegweisend für die Einordnung der Geschehnisse ist eine Lehrerfigur, die Danijel prägt. Doch dessen Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus bleibt unklar. Slowenien war eines der Gebiete in Osteuropa, welches komplett eingedeutscht werden sollte, in seiner späteren Geschichte zudem immer mit dem Jugoslawienkonflikt verbunden war. Danijel wächst im Kampf zwischen Kommunisten und Kirche auf, zwei Dogmen, die um die identitäre Deutungshoheit kämpfen. Aus diesem vielseitigen Stoff macht Jancar eine verwirrende Heranwachsendengeschichte, die aus meiner Sicht ihr Potenzial nicht entfaltet. Es fehlt an dicht erzählten und damit Emotionen weckenden Szenen. Danijel ist als Protagonist auf Identitätssuche in dieser Rolle zu farblos und dominiert das Buch einzig als Erzählperspektive. Ich nehme aus diesem Roman mit, dass Maribor eine durch Krieg geprägte Stadt ist, doch das sich daraus ableitende Stadtschicksal hätte mehr Dramatik benötigt. 

Fazit

Drago Jancar hat ein gutes Gespür für die prägenden Themen seiner Heimat und mit der Perspektive eines jugendlichen Erzählers sucht er die Möglichkeit Orientierungslosigkeit als Ausgang von Entwicklung zu zeigen. Leider gelingt dieser ästhetische Griff aus meiner Sicht nur ungenügend. Die jugendliche Figur offenbart zu wenig eigene Gefühle, beobachtet mehr und hat die stärksten Szenen bei erotischen Gedanken. Ich finde deshalb, dass dieses Buch trotz toller Ideenanlage enttäuscht. 

Autor:Inneninformation

Drago Jancar (geb. 1948 in Maribor) ist ein slowenischer Schriftsteller, Dramatiker und Journalist. Er gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Autoren Sloweniens. In vielen seiner Bücher spielt seine Heimatstadt Maribor eine entscheidende Rolle.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧

Titel: Als die Welt entstand

ISBN: 978-3-552-07358-6

Als die Welt entstand | Drago Jancar | Hanser (hanser-literaturverlage.de)

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