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In diesem Jahr wurde während der Buchmesse wie jedes Jahr der Deutsche Buchpreis vergeben. Seit Jahren lese ich viele Bücher, welche für diesen Preis nominiert sind. Erstmals möchte ich in diesem Jahr alle 20 Titel der Longlist lesen und auf diesem Blog besprechen. Unabhängig davon, welcher Titel schlussendlich durch eine Jury zum besten Roman des Jahres erklärt wurde, finden sich auf dieser Liste Bücher, denen ich Aufmerksamkeit bescheren möchte.
Begonnen habe ich mit der Shortlist und möchte diese Reihe nun mit dem letzten nominierten Buch beenden. Es handelt sich um Terézia Mora mit ihrem Buch Muna oder Die Hälfte des Lebens, erschienen bei Luchterhand.
Mora hat den Buchpreis schon einmal im Jahr 2013 begonnen und war bereits in meinem Literaturstudium ein Thema. Für mich ist sie deshalb eine bekannte Autorin, und mit diesem Roman beginnt sie eine neue Trilogie über Weiblichkeit.
Das Feuilleton hat diesen Roman mit viel Lob überzogen und so war ich gespannt, wie ich mir dieses Werk erschließe.
„Ich bin so glücklich, wie noch nie in meinem Leben, Ingrid. Du kannst dir das nicht vorstellen, oder vielleicht kannst du es. Als hätte man vor sieben Jahren den ganzen Planeten unter mir ausgetauscht, gegen einen, der fast genauso aussieht wie der alte, aber eben nur fast, und obwohl auf dem neuen fast alles besser ist, viel besser, denke nicht, ich wäre undankbar, aber gleichzeitig hat auch immer etwas gefehlt. Eine Verbindung.“
Mora, Terézia: Muna oder die Hälfte des Lebens, 2023, Luchterhand Verlag, S.229.
Muna erzählt ihre Geschichte selbst. Als sie gerade einmal 18 ist, unternimmt ihre Mutter einen Suizidversuch und daraus lässt sich ein nicht einfaches Verhältnis ableiten. Die Mutter arbeitet laut Muna als Theaterschauspielerin. Muna versucht früh selbstständig zu werden und trifft dann auf Magnus. Die Bekanntschaft mit diesem Mann prägt künftig ihr Leben. Es entwickelt sich eine Abhängigkeit, die sich merklich in die Beziehung der beiden Figuren einschleicht und den Abhängigkeitsfaktor steigert. Mora gelingt dabei das Kunststück, dass man diesem Prozess folgt, ohne dass für seine Verdeutlichung krasse Schilderungen notwendig wären. Gewaltausbrüche werden ohne große Emotion der Erzählstimme geschildert, das leichte Hinterfragen des männlichen Handelns bestätigt die Abhängigkeit. Nie fällt das Wort Angst, doch auch diese ist spürbar, wenn Muna ungefragt Kosten übernimmt, obwohl es kein sachliches Argument dafür gibt.
Der Roman belässt es für Muna jedoch nicht bei dieser Abhängigkeit. Vielmehr drückt sich in ihren Beziehungen zu Männern der Wunsch aus, von diesen begehrt zu werden, ihnen aber auch entgegenzukommen, sich diesen quasi zu unterwerfen. Mora war mit ihren vorherigen Büchern dafür bekannt, mit großer beobachtender Präzision Männer an ihren eigenen Anforderungen und den sozialen Umfeldern scheitern zu lassen. Nun ändert sich die Herangehensweise. Muna ist eine Frau, die jegliche Erwartungen und aktuelle gesellschaftliche Diskurse um Emanzipation unterwandert. Sie begibt sich stetig in Abhängigkeitsverhältnisse mit Männern, und das Überraschende daran ist, dass wir es durchaus mit einer Frau zu tun haben, der man durchaus ein selbstbewusstes Auftreten zutraut. Muna ist belesen, flink beim Herstellen komplexer Bezüge und an der ein oder anderen Stelle hat man den Eindruck, dass sie inzwischen endlich erkennt, etwas an ihrer Haltung zu Magnus ändern zu müssen. Mora gelingt mit diesen Andeutungen, dass man als Leser:In einschreiten möchte und hofft, dass Muna indessen endlich einen Ausweg aus der toxischen Beziehung findet.
„Und weil ich mir so sehr wünschte, dass das hier kein Ende nahm, niemals, hörte ich aus diesem >>irgendwann<< heraus, dass wir also ab jetzt zusammen waren.“
Mora, Terézia: Muna oder die Hälfte des Lebens, 2023, Luchterhand Verlag, S.214.
Das Verhalten innerhalb der Beziehung und die damit verbundene Unterordnung entzieht das Vertrauen in die selbstbestimmte Muna. Unterstützt wird diese Schwächung der Figur, durch durchgestrichene Sätze in der Ich-Erzählung. Muna tritt durch diese Korrekturen zurück.
Der Roman hinterfragt damit auch die Bereitschaft von Menschen in einer Beziehung, sich bis zur Selbstaufgabe unterzuordnen. Zugleich ist die Darstellung des strategisch agierenden Magnus eine präzise Darstellung eines Machtmenschen innerhalb einer Liebesbeziehung.
Fazit
Dieser Roman ist in der Kombination der Darstellung des bestimmenden Charakters in der Beziehung und dem so überraschend schwach sich ergebenden Gegenpart eine schonungslos präzise Erzählung einer toxischen Beziehung. Aus meiner Sicht hat der Roman wenige Längen trotz dieses fokussierten Beziehungsblicks und ist ein wichtiger Beitrag zur Thematik. Terézia Mora erweist sich erneut als kluge Beobachterin von Figuren und des Zwischenmenschlichen. Ich kann diesen Roman allen Leser:Innen empfehlen, die sich einen solchen Blick als Leseerfahrung wünschen.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧🐧
Terézia Mora: Muna oder Die Hälfte des Lebens
ISBN: 978-3-630-87496-8