Ehrlich, Roman: Videotime

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Auf der Leseliste, weil mir schon das letzte Buch von Roman Ehrlich „Malé“ gut gefallen hat und ich den Bezug zur Videothek spannend fand.

Darum geht’s:

Ein Mann kehrt zurück in seine Heimatstadt, weil er seinen Vater besuchen möchte. Doch bevor er den Weg zu seinem Vater antreten kann, blickt er bei einem Gang durch die Straßen auf die eigene Kindheit zurück. Es entsteht eine Erinnerungsgeschichte, die deutlich macht, dass eine Videothek und die darin enthaltenen Filme eine zentrale Bedeutung gespielt haben. Die Hauptfigur hinterfragt die eigene Erziehung und sucht nach identitätsstiftenden Erfahrungen.


Ich spürte eine starke Anziehung von diesem kühlen Dunklen her, das meiner Erwartung an meinen Besuch und dem sich unaufhörlich ausbreitenden Nichts um die gemeinsame Geschichte meiner Familie am ehesten zu entsprechen schien.


Ehrlich, Roman: Videotime 2024, S. Fischer Verlag, S.18.

Bewertung: 

Dieser Roman ist eine Vergangenheitsreise, die immer etwas Unheimliches mitschwingen lässt. Es wirkt, als stünde noch ein traumatisches Erlebnis zwischen der Hauptfigur und seiner Familie. Auf drei Ebenen lässt uns der Ich-Erzähler an seinem Leben teilhaben. Zuerst ist die Ebene zu nennen, bei welcher der Ich-Erzähler versucht, seinen Vater zu besuchen. Eine weitere Ebene beleuchtet die Streifzüge durch die Straßen und die Erinnerung an das frühere Familienleben, und die letzte Ebene sind die Erinnerungen an Filme der Vergangenheit.

Der Vater hat mit den beiden Söhnen immer wieder Filme aus der Videothek ausgeliehen und dabei ein großes Raubkopienarchiv angelegt. Ehrlich verknüpft dieses Romanzentrum mit den anderen beiden Ebenen, und dies ist ästhetisch so gelöst, dass es leicht zu lesen ist und nicht herausfordernd ist. Die vor uns entfaltete Kindheit bietet durchaus befremdliche Momente. Man erkennt, dass der Vater den Bruder des Erzählers mit starkem Leistungsdruck bei seinem Tennissport durchaus gefährdet hat. Der Erzähler selbst scheint eine familiäre Nebenrolle einzunehmen. Es wirkt, als sei er bewusst aus seiner Heimatstadt geflüchtet und habe sich in eine Welt bewegt, in die er sich über die Filme hineingesehnt hat. Ansonsten ist es eine Kindheit mit all den uns bekannten Tücken und Herausforderungen. Der Ich-Erzähler erzählt seine eigene Geschichte durch Verweise auf Filme und arbeitet dabei die eigene Familiengeschichte auf. Mit dieser Struktur feiert der Roman die Macht der Fiktion und verschränkt Popkultur mit einer Lebensgeschichte.

Mein Lieblingsmoment:

Hierbei handelt es sich um die Schilderungen der Videothek und den Ablauf des Verleihprozesses. Mich erinnert dies an die eigene Kindheit, da bei uns der Samstagabend für gemeinsame Filmabende stand. Das prädigitale Zeitalter war von einem Gang durch die Gänge der Videothek geprägt. Dies finde ich im Roman wunderbar umgesetzt.

Fazit:

Roman Ehrlich schafft es mit dieser Romanstruktur, mich für die Lebensgeschichte der Hauptfigur einzunehmen. Die Story ist gut konstruiert und ästhetisch spannend ausgearbeitet und ist flüssig und unterhaltsam zu lesen.

Autor:Inneninformation

Roman Ehrlich (geboren 1983) studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin. Er veröffentlichte schon mehrere Werke, sein 2020 erschienener Roman »Malé« stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Im August 2024 erschien sein Roman »Videotime«, der für den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2024 nominiert war. 

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧🐧

Titel: Videotime

ISBN: 978-3-10-397197-2

https://www.fischerverlage.de/buch/roman-ehrlich-videotime-9783103971972

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