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Passend zu meiner Beschäftigung mit der Romantik habe ich das „Romantikmuseum“ in Frankfurt am Main mit seiner Dauerausstellung besucht. Dabei ist die Architektur des Gebäudes schon der erste Baustein, denn es legt Wert darauf aufzuzeigen, dass man auch das Gewöhnliche in etwas Spannendes verwandeln kann. Architekt Christoph Mäckler ist wirklich ein toller Bau gelungen und dies merkt man schon, wenn man die Treppenstufen zu den Ausstellungsräumen heraufsteigt. Das Gebäude befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Goethe-Haus, und diese Verwobenheit zieht sich durch die Ausstellungskonzeption. Wir beginnen den Besuch der Ausstellung mit einem Gang durch eine Art von Stelen, die uns mit Zitaten zur Romantik empfangen. Der Aufbruch in dieser Epoche wird mit einem Motiv des Suchens verbunden. Neben der Vernunft werden nun Gefühle und Empfindungen als wichtige menschliche Fähigkeiten verstanden. Zugleich zeigen einem die Zitate aus verschiedenen Jahrzehnten, welch großen Impuls die Romantik auf die Kunst hatte. Als ersten wichtigen Meilenstein macht die Ausstellung eine Wanderung von Wilhelm Heinrich Wackenroder und Ludwig Tieck 1794 durch den Harz aus. Tieck beginnt anschließend die Verbindung zur Natur ästhetisch in Märchen zu verarbeiten und das Museum lädt einen dazu ein, ein Setting seines Märchens „Der blonde Eckbart“ akustisch zu erleben. Die ausgestellten Handschriften findet man an jeder Station transkribiert und erhält dabei auch einen Einblick in Arbeitsweisen, wenn an der ein oder anderen Station auch Streichungen zu sehen sind. Tieck zeigt schon in diesem Märchen, dass die Romantik sowohl weiß, die malerische Idylle zu beschreiben, als auch sofort Brüche herzustellen, die ins Schauerhafte wechseln. Novalis gibt den Romantikern weitere theoretische Impulse und zudem das Ziel aus, dass die Welt romantisiert werden muss. Gut erläutert wird in diesem Zusammenhang das Symbol der „blauen Blume“, wenn auch die filmische Auseinandersetzung dazu nicht jeden Geschmack treffen wird. Die Gebrüder Schlegel mit ihrer für damalige Verhältnisse skandalösen WG erhalten mit ihrer Zeitschrift Athenäeum ebenfalls eine eigene Station. Hier sind Auszüge zu lesen und ein kleiner Film erläutert die Lebenssituation dieser Intellektuellen-WG. An zwei Stationen widmet sich die Ausstellung dem poetischen Experiment Clemens Brentanos, seine jüngere Dichterkollegin Karoline von Gründerrode zu verführen. Doch diese gibt eine kühle Antwort und man bekommt gut erläutert, wie viel Mut und Klugheit diese Antwort voraussetzte. Doch nicht ausschließlich die Poesie wird durch die Romantiker:Innen mit Impulsen versorgt. Indem sie sich neben Märchen auch den Volksliedern widmeten, zeigt sich in ihrem Agieren das Verständnis einer Gesamtkunst als Orchester der verschiedenen handwerklichen Umsetzungen. Deshalb findet in der Ausstellung die Harmonielehre von Philipp Otto Runge ebenfalls ihren Platz. Neu vermittelt wurde mir „Der Kreis der Poesie“ von Friedrich Schlegel. In den dazugehörigen Videoformaten wird einem auch das Denken der damaligen Zeit inklusive von Arbeitsmethoden nähergebracht. Die Bandbreite der Ausstellung ist wirklich groß und die wichtigsten Protagonisten sind an den Stationen zu finden. Der Ausstellung gelingt es, die Facetten des Romantischen zu zeigen, spürbar zu machen und zugleich das Illusorische und Zerbrechliche an dieser Epoche zu transportieren. Natürlich dürfen deshalb Eichendorff, die Gebrüder Grimm und E.T.A. Hoffmann ebenfalls nicht fehlen. An den verschiedenen Stationen gibt es zudem akustische Unterstützung und musikalische Untermalung per QR-Code.
Ein Stockwerk setzt die Schau fort, in dem sie sich nun mit der Ausbreitung der romantischen Ideen beschäftigt. Hier sind wiederum die Gebrüder Schlegel fleißig beteiligt. Doch auch Friedrich Schleiermacher und seine Methodenbetrachtungen zu Übersetzungen werden in den Kontext der sich verbreitenden ästhetischen Ideen gesetzt. Im Gemäldekabinett der Romantik finden sich u.a. Werke von Carl Gustav Carus. Zudem zieht die Ausstellung eine Verbindung zur Vollendung des Baus des Kölner Doms. In diesem Stockwerk werden die musikalischen Bezüge nochmals stärker betont, doch auch die Schauerästhetik der Romantik erhält mit ihrem Bezugspunkt zu Mary Shelley eine eigene Station, die mit Bildmaterial arbeitet. Die Romantik als Epoche wird in dieser Ausstellung zwar mit ihrem zeithistorischen Kontext gezeigt, weist aber sogleich den Weg bis in die Moderne, in der sich ästhetische Ansätze in Teilen immer noch wiederfinden oder auf der damaligen Basis weiterentwickelt wurden. Die Ausstellung lädt auf jeden Fall dazu ein, sich auf all das Präsentierte einzulassen, ein Gespür dafür zu entwickeln, wie man mit der Fantasie andere Wege einschlagen kann.
Fazit
Sicherlich waren die Diskussionen über die Notwendigkeit eines eigenständigen Romantikmuseums nicht unbegründet; wer sich nun allerdings auf den Weg in dieses Schmuckstück macht, der wird sich an der Präsentation der Dauerausstellung erfreuen. Mir gefällt an dieser Ausstellung, dass sie die verschiedenen Ideen, auch anderer Künste, zu einem Gesamtblick zusammenführt und mich auf verschiedene Art und Weise in die Ausstellung einbindet. Man kann sich an der ein oder anderen Station vollkommen auf das Hören oder Sehen einlassen und erkennt beim Absolvieren der unterschiedlichen Stationen, wie man das Netz der unterschiedlichen Beeinflussungen begreift. Ich kann deshalb diesen Museumsbesuch nur empfehlen. Neben der Dauerausstellung kann man noch eine Sonderausstellung besuchen und noch einen Besuch im benachbarten Goethehaus vorsehen.
Wertung: 🐧🐧🐧🐧
Mehr Informationen unter: Deutsches Romantik-Museum – Frankfurt am Main (deutsches-romantik-museum.de)