Reihe „Zwölf Perspektiven“ – Thomae, Jackie: Glück

#buchliebe #buchempfehlung #buchblog #bookstagramgermany #buchliebe #lesenbildet #perspektivenwechsel #jackiethomae #claassenverlag #ullstein #mutterwerden #emanzipation #glück #frankfurterbuchmesse #fbm24 #instabooks #kulturblog #supportyourlocalbookstore #buchtipp #leseliebe

Heute setze ich meine Reihe Zwölf Perspektiven mit einem weiteren Buch fort. Dieses Mal handelt es sich um einen Roman von Jackie Thomae.

In der Reihe, weil mich der gesellschaftliche Druck auf Frauen, Mutter zu werden, thematisch interessiert und weil ich in einer erstarkten AfD eine Partei sehe, die ähnlich der NSDAP Frauen in die klassische Rolle als Mutter drängen möchte und Frauen auf diese biologische Funktion reduziert. In diesem Zusammenhang ist auch die Diskussion um Abtreibungsverbote zu sehen, welche die Interessen von Frauen auf politisch rechter Seite grundsätzlich untergeordnet behandelt. Deshalb möchte ich heute einen Roman vorstellen, der die Frauenperspektive betont.

Darum geht’s:

Radiomoderatorin Marie-Claire steht kurz vor ihrem 40. Geburtstag und wird von ihrer Ärztin auf den Ablauf der biologischen Uhr hinsichtlich Kinderkriegen hingewiesen. Dieser Hinweis bringt sie zum Nachdenken und dies wirkt sich bis in ihre Arbeit aus. Bei einer Talksendung trifft sie auf die Bildungssenatorin Martini und betont im Interview deren Kinderlosigkeit. Dies trifft wiederum Martini, die gerne ein Kind hätte. Beide Frauen kreisen somit um die Frage nach dem Mutterglück, wissen jedoch, dass es dafür auch den passenden Lebensmoment geben muss. Für Frauen gibt es jedoch biologische Schranken, aber was wäre, wenn dies durch eine Pille aufgehoben werden könnte? Garantie einer fortwährenden Gebärfähigkeit durch Medikamente und wird dies das Thema „Kinder bekommen“ vereinfachen?

Bewertung: 

Dieser Roman fokussiert sich auf zwei Erzählstränge, deren verbindendes Element die Frage ist: „Muss eine Frau Mutter werden?“. Die Verknüpfung der Stränge wird durch das Interview herbeigeführt, welches die beiden Hauptfiguren miteinander führen. Jackie Thomae hat sich für das Thema entschieden, weil ihr immer wieder begegnet, dass Frauen eine gynäkologische Biografie haben, wie sie bei einem Gespräch während der Frankfurter Buchmesse mitteilt. Viele Frauen, so ihre Beobachtung, lösen sich zunächst von dieser Biografie, machen vielleicht Karriere und fragen sich dann im Rückblick, ob die Entscheidung richtig gewesen ist. Zu dominant ist das Thema Mutterschaft, als dass man sich von diesem lösen könnte.

Um dem Thema gerecht zu werden, präsentiert Thomae nicht nur eine Frauenperspektive, sondern lässt Nebenfiguren entscheidende Hinweise geben. Keine Perspektive wird zu dominant, trotz des ernsten Themas ist der Roman leicht zu lesen und hat eine wunderbare sprachliche Leichtigkeit. Es geht jedoch nicht nur um Mutterschaft, Marie Claire sucht in diesem Zusammenhang die eigene Identität und ist mit Erwartungen an sich selbst konfrontiert. Sie sucht ähnlich wie die Bildungssenatorin nach dem persönlichen Lebensglück. Thomae schafft es, intime Blicke ins Leben ihrer Protagonistinnen zu werfen und zugleich allgemeine Fragen zu behandeln. Es gelingt ihr wunderbar aufzuzeigen, wie die Frage nach Mutterschaft inklusive des gesellschaftlichen Drucks das Leben von Frauen belastet. Sie stellt diesen Druck einem Wunsch nach persönlicher Freiheit entgegen. Dies verdeutlicht die Zerrissenheit der Figuren. Gelungen ist, dass man die männliche Perspektive den gesamten Roman mitliest, ohne dass diese konkret genannt wird.

Die Nebenfiguren sind entscheidend für die Entwicklung der Hauptfiguren, sie stellen eigene Wünsche und Gedanken bereit und sorgen damit dafür, dass der Roman vielschichtiger wird. Glück ist in diesem Roman nicht nur ein Zustand, sondern die Geschichte zeigt, dass es sich dabei um einen Prozess handelt. So wird die Möglichkeit, mit einer Pille die Gebärfähigkeit biologisch zu verlängern, nicht als einfache Lösung präsentiert. Zudem gerät damit der Aspekt, dass die meisten medizinischen Produkte auf Männer ausgerichtet entwickelt werden. Mich hat der Roman mit seiner poetischen Art und der Geschichte schnell abholen können und hat mir eine mir nicht präsente Perspektive nahegebracht.

Meine offenen Fragen:

Nach der Lektüre des Romans bleibt bei mir die Frage offen, ob ein anderer Umgang mit Mutterschaft schon alleine durch ein medizinisches Präparat wie im Roman möglich wäre, oder es dafür nicht viel mehr bedarf?

Fazit:

Dies ist wirklich ein toller Roman. Jackie Thomae kann mit einem tollen Schreibstil punkten und liefert eine schön zu lesende Geschichte.

Autor:Inneninformation

Jackie Thomae (1972) ist Journalistin und Fernsehautorin. 2015 erschien ihr Debütroman „Momente der Klarheit“. Mit ihrem zweiten Roman „Brüder“ stand sie auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2019 und wurde mit dem Düsseldorfer Literaturpreis 2020 ausgezeichnet.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧🐧1/2🐧

Titel: Glück

ISBN: 978-3-546-10046-5

https://www.ullstein.de/werke/glueck/hardcover/9783546100465

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert