#crime #ellendunne #inselverlag #suhrkamp #haymonkrimi #krimi #buchempfehlung #bookstagramgermany #buchliebe #krimitagedarmstadt #lesenmachtglücklich #hartelandung #boomtownblues #unfollowstella #schwarzeseele #patsylogan #instabooks #irland #kulturblog #krimiliebe #spannung #supportyourlocalbookstore #buchtipp #leseliebe #krimifestival
Bei den Darmstädter Krimitagen sind an jedem Leseabend zwei Autor:Innen zu erleben. Ich bin an insgesamt drei Abenden vor Ort und im Blog stelle ich die Autor:Innen und ihre Krimireihen vor. An einem Band präsentieren sich die beiden Österreichischen Autor:Innen Ellen Dunne und Theresa Prammer. Dunne lebt mittlerweile in Irland und auch ihre Ermittlerin Patsy Logan stammt ursprünglich aus Irland, arbeitet aber als Kommissarin in München. Viermal hat Dunne ihre Figur nun schon in Ermittlungen geschickt und ist nach 2019 zum zweiten Mal bei den Krimitagen zu Gast.
Harte Landung
Patsy Logan, geboren in Irland, lebt mittlerweile mit ihrem Mann in Deutschland und ist in München als Kriminalhauptkommissarin tätig. In ihrem ersten Fall muss sie sich dem Tod einer Managerin aus einem Online-Unternehmen annehmen. Die Frau könnte aus dem Fenster gestoßen worden sein, wobei auch ein Unfall nicht ausgeschlossen wird. Patsy Logan übernimmt den Fall und gerät auch in Kontakt mit ihrer irischen Heimat. Das hippe Unternehmen für Tauschgeschäfte hat nämlich seinen Stammsitz in Dublin. Die Ermittlungen sind harte Arbeit, denn die Managerin scheint auf den ersten Blick ein Musterleben geführt zu haben. Doch je tiefer sich die Polizei in das Leben der Managerin einarbeitet, desto größer werden die Differenzen zwischen Schein und Sein. Drogen und geheime Liebschaften scheinen eine Rolle zu spielen. Das Unternehmen zeigt sich ebenfalls als wenig kooperationsbereit und so muss Patsy sogar in die irische Heimat reisen, um der Aufklärung des Falles näher zu kommen.
Ellen Dunne hat einen schönen Kriminalroman geschrieben und mit Patsy Logan eine Ermittlerinnenfigur geschaffen, der man gerne durch ihr Leben folgt. Sie beweist in all ihren Schilderungen viel Humor und das obwohl sie auch mit dem eigenen Privatleben hadert. Ellen Dunne zeigt uns eine entschlossene und tatkräftige Frau in ihrem Berufsleben, die zugleich verarbeiten muss bisher keine Kinder bekommen zu haben. Bei ihrer Reise nach Irland wird zudem die Suche nach dem verschwundenen Vater thematisiert und somit für diese Figur viele Entwicklungsstadien für Folgeromane angelegt. Mir gefiel der Erzählduktus des Buches über den größten Teil des Romans hinweg, allerdings wirkte Logan bei der ein oder anderen privaten Schilderung etwas penetrant. Sehr gelungen ist die Darstellung ihrer Reise nach Irland. Dort wird sie unterstützt von einem irischen Kollegen und es zeigen sich durchaus Gegensätze im Umgang mit dem Ermittlungsverfahren. Gemeinsam müssen die Beiden hinter die Mauer des Schweigens des Unternehmens kommen und prüfen, ob es intern Fälle sexueller Belästigung gab. Ich finde die Darstellung des Start-Ups ebenfalls gelungen. Klares Prinzip der Unternehmung ist ein wunderbares Außenbild, doch je mehr man hinter die Fassade blickt, desto mehr erkennt man den bröckelnden Putz. Der Roman lebt von diesen kleinen Enthüllungen und der Frage nach der Verlässlichkeit der jeweiligen Zeugen. Aus diesen Ermittlungen heraus erzeugt sich die Spannung bei der Täter:Innensuche. Der Roman verweigert sich dabei auch keinen weiteren tragischen Entwicklungen, was ich ihm ebenfalls positiv auslege. Insgesamt ist dies ein schöner Reihenauftakt, der Lust auf weitere Romane weckt und sich ein breites Spielfeld für weitere Entwicklungen erarbeitet.
Schwarze Seele
In ihrem zweiten Einsatz muss die irischstämmige Ermittlerin Patsy Logan sich mit einem ertrunkenen Iren aus dem Schwabinger Bach auseinandersetzen. Wie schon im ersten Band holt sie ihre Nationalität als Ermittlerin bei der Münchner Mordkommission ein. Der Tod des Iren scheint zunächst ein Unfall im trunkenen Zustand zu sein, doch der Instinkt der Ermittlerin lässt sie an der naheliegenden Theorie zweifeln. Der Tote war in München um seine Ex-Frau zurückzugewinnen und bei den ersten Befragungen zeigt sich, dass im persönlichen Umfeld des Toten einige Personen ein Motiv gehabt hätten. Neben der Ermittlungsarbeit muss sich Patsy Logan noch damit auseinandersetzen, dass sie den Kinderwunsch ihres Mannes nicht erfüllen können, ihre eigene Position dazu scheint sie ebenfalls noch nicht gefunden zu haben. Verstärkt werden die privaten Konflikte durch den Besuch ihres Bruders. Patsy und er haben sofort eine vertraute Nähe, die sich jedoch zwischen sie und ihren Mann zu schieben droht. Durch die privaten Herausforderungen rückt die Ermittlungsarbeit in den Hintergrund, doch schnell ergeben sich auch in den Ermittlungen tiefergehende Einblicke in eine konfliktreiche familiäre Situation.
Ellen Dunne erzählt auch den zweiten Fall aus der Ich-Perspektive der Ermittlerin und erzeugt damit eine höhere Intensität und Identifikation mit ihrer Ermittlerin. Durch diese Erzählhaltung erleben wir die Zeugenbefragungen aus nächster Nähe, können uns eigene Gedanken machen und diese mit den Einschätzungen der Ermittlerin abgleichen. Der persönlichen Situation der Ermittlerin räumt der Roman viel Raum ein, doch dies geht aus meiner Sicht nicht zulasten der Krimihandlung. Vielmehr sind die Stärken dieser Krimireihe ihre Figuren. Patsy Logan tritt forsch auf, lässt sich weder privat noch auf der Arbeit von Konflikten bremsen und trotzdem werden auch die persönlichen Verletzungen deutlich. Für mich ist diese Ermittlerin eine Figur, der ich einfach gerne durch ihr Leben folge. Die Darstellung des Mordopfers macht den Blick frei auf einen zwielichtigen Charakter, der durchaus toxische Wirkung auf sein Umfeld entfaltet hat. Ellen Dunne hat für jede ihrer Figuren die nötige Tiefe angelegt und so kann man alle Motivlagen für Figurenhandlungen nachvollziehen. Die angedeutete Hintergrundgeschichte zur Familie der Kommissarin bleibt weiterhin interessant und bietet für die folgenden Fälle Potential. Durch kurze Szenenschilderung wird der Spannungsfaktor erhöht und der Schreibstil zeugt von sehr gutem Handwerk. Die ersten beiden Romane um Patsy Logan verhandeln Themen, die jedem in seinem Alltag begegnen können und sind eine weitere Stärke der Krimireihe. Mich hat auch dieser zweite Band wieder bestens unterhalten.
Boom Town Blues
Patsy Logan ist mit ihrer Ehe gescheitert, beruflich ist sie bei der letzten Beförderung übergangen worden und so hat sie vor allem das Gefühl, dass sie ihr Leben in München einengt. Die Lösung scheint für sie in einer Auszeit in Irland zu liegen, und damit ist das Grundsetting des dritten Bandes der Krimireihe von Ellen Dunne schon erläutert. Mit diesem Buch veröffentlicht die Autorin ihre Reihe fortan bei Haymon Krimi und erhält sogleich den Friedrich Glauser-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres.
In Irland angekommen, wird Kommissarin Logan mit einem Todesfall in der österreichischen Botschaft konfrontiert. Man benötigt eine Ermittlungsperson vor Ort und so wird Patsy gemeinsam mit den irischen Kolleg:Innen und einem Botschaftsmitarbeiter tätig. Das Opfer ist eine junge deutsche Frau und nun muss geklärt werden, ob der Giftanschlag wirklich dieser Frau galt, oder es sich doch um einen gezielten Racheakt handelt. Schließlich ist die Finanz- und Immobilienkrise noch nicht weit weg und in Irland hat sie immer noch starke Auswirkungen. Genug Vertreter:Innen aus dieser Branche waren auf jeden Fall vor Ort.
Ellen Dunne lässt ihre Heldin in diesem dritten Teil privat weiter taumeln. Sie ist durchaus angeschlagen, die Geschichte mit ihrem Vater gerät dabei sogar in den Hintergrund, eine Affäre vor Ort scheint auch nur eine Abwechslung darzustellen. Ellen Dunne entwickelt die Hauptfigur gelungen weiter und man ermittelt gerne an ihrer Seite. Der Roman transportiert passende emotionale Momente, verzichtet aber auch nicht auf Humor. Teilweise ist bissige Ironie zu spüren, die mich beim Lesen wirklich begeistert. Die eigenwilligen Ermittlungsmethoden prägen die Arbeit und sind sogleich eine gelungene Abwechslung zu vielen anderen Kriminalreihen. Man muss äußerst aufmerksam lesen, um bei diesem Krimi nicht abgehängt zu werden. Dunne gelingt das Kunststück, spannend und literarisch zugleich zu sein. Des Weiteren ist dieser Krimi der Beweis dafür, dass sich das Genre bestens für das Aufgreifen gesellschaftlicher Themen ist. Das Ausmaß der Finanzkrise wird in diesem Teil der Reihe nochmals aufgezeigt und macht deutlich, wie groß die gefährlichen Auswirkungen von Spekulationen sind. Mich konnte dieser Band wieder bestens unterhalten.
Unfollow Stella
Patsy Logan weilt immer noch bei ihrer Schwester in Irland, als sie der aus dem Vorgängerband bekannte Botschaftsmitarbeiter Österreichs Sam Feuerstein in einem Vermisstenfall um Hilfe bittet. Dies ist die Ausgangssituation des vierten Bandes der Patsy Logan Krimireihe von Ellen Dunne. Die junge Stella verschwindet von einem auf den anderen Tag, etwas, das man von der social-media-affinen Frau nicht gewohnt ist. Die beiden Ermittler beginnen die Zeit vor Stellas Verschwinden zu rekonstruieren und stoßen auf ein verdächtiges Arbeitsumfeld. Allerdings ist immer noch unklar, ob Stella Opfer oder Täter:in sein könnte. Der Roman erzählt die Spurensuche zum einen aus der Ermittlerperspektive und gibt der Leserschaft dann noch Chatnachrichten von Stella an die Hand, sodass ein Vorteil gegenüber Patsy Logan besteht. Für die Leserschaft wird somit schnell klar, dass es sich wohl nicht nur um einen Vermisstenfall handelt. Durch diese Konstruktion eröffnet der Roman eine weitere Spannungsebene, nämlich jene, bei der wir mit Patsy um ihre Sicherheit angesichts gefährlicher Ermittlungen fürchten. Uns ist nämlich bewusst, dass sich Patsy mit einer gefährlichen Gruppierung anlegt. Die Ermittlerin bleibt auch im vierten Band eine sympathische und interessante Figur. Ihr Hadern mit dem eigenen Privatleben überlagert nie die Krimihandlung, sondern umrahmt den zentralen Plot. Die Nebenfiguren erhalten durch kleine Nebeninformationen Tiefe und Charme, sorgen für kleine zwischenmenschliche Spannungsmomente mit der eigenwilligen Patsy. Ich fand das gewählte Thema ebenfalls äußerst interessant. Das World Wide Web bietet nämlich neben all den uns bekannten Vorzügen auch dunkle Ecken und scheint oft zu signalisieren, dass man einflussreicher ist, als es dann wirklich ist. Hieraus ergeben sich Gefahren, die der Roman für seine Handlung ausbuchstabiert. Ich fand die gesuchte Figur ebenfalls spannend aufgebaut, und so entstand schnell eine Faszination. Das geschilderte Dublin ist außerdem ein toller Handlungsort. Dieser vierte Band ist wieder äußerst spannend, von hoher Erzählkunst und Unterhaltungswert.
Fazit
Diese Krimireihe hat es in sich und das ist absolut positiv gemeint. Ellen Dunne ist eine richtig gute Erzählerin spannender Krimihandlungen mit tollen Figuren. Ihre Hauptfigur hat Ecken und Kanten und durchlebt eine spannende Entwicklung. Jeder Nebenfigur merkt man die Aufmerksamkeit der Autorin an. Die gewählten Themen sind abwechslungsreich und doch nah am Zeitgeist und stellen gekonnt Bezüge zu Irland her. Für mich ist diese Krimireihe aktuell eine der besten Reihen auf dem Markt und die Autorin zu Recht Glauser-Preisträgerin. Ich kann die Reihe nur wärmstens empfehlen, spannend, unterhaltsam und hohe sprachliche Qualität.
Autor:Inneninformation
Ellen Dunne (geb. 1977) ist das Pseudonym einer österreichischen Krimiautorin. Sie arbeitete als Texterin in der Werbebranche, lebte in Berlin und München und seit 2011 wieder in Dublin. Patsy Logan ist mit ihrem neuesten Roman nun schon zum vierten Mal als Ermittlerin tätig. Für den Roman „Boom Town Blues“ erhielt sie 2023 den Friedrich-Glauser-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧🐧1/2🐧
Patsy Logan Reihe
Band 1: Harte Landung
Band 2: Schwarze Seele
Band 3: Boom Town Blues
Band 4: Unfollow Stella