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Peter Neumann widmet sich in seinem Buch „Jena 1800“ (erschienen im Siedler Verlag unter dem Titel „Sternstunden“ im Paperback erschienen im Pantheon Verlag) den Künstler:Innen und Philosophen, die Jena zu diesem Zeitpunkt zu einem Zentrum ästhetischen und fortschrittlichen Denkens machten. Neumann geht in seinem Buch der Frage nach, wie Jena zu diesem Ort werden konnte und welche Personen diese Entwicklung befördert haben. Sein Buch unterscheidet sich von den beiden Büchern über die Romantik, die ich bisher schon besprochen habe, da es die Lebensumstände der Personen noch stärker fokussiert, in der Stilistik ist das Buch jenem von Andrea Wulf ähnlich.
Peter Neumann ist nah an diesen historischen Persönlichkeiten dran, man glaubt förmlich inmitten der literarischen Salons zu sitzen, wie sie die Gebrüder Schlegel mit ihren Frauen in Jena veranstalteten. Das Brüderpaar Schlegel hat es nach Jena gezogen, um dort basierend auf der Philosophie von Immanuel Kant und Johann Gottlieb Fichte, das freie Denken zu fördern. Es geht darum das Verhältnis des einzelnen Individuums zur Welt neu zu betrachten und die Freiheit in den Vordergrund zu rücken. Für die Kunst und Literatur bedeutet dies, dass vor allem die individuelle Fantasie eine entscheidende Rolle erhalten sollte. Die Einbildungskraft wird zum Grundbaustein literarischer Werke. Für die in Jena lebenden Intellektuellen wird die Kunst zu einem Fixpunkt, um gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen. Die Französische Revolution hatte aufgezeigt, dass es zu diesen Veränderungen kommen muss und zugleich Gewaltexzesse hervorgebracht, von denen man sich schnell distanzieren wollte. Man nimmt Abstand vom revolutionären Systemumsturz und möchte die Menschen mit einer „ästhetischen Revolution“ zu einer besseren Gesellschaft bringen. Peter Neumann zeigt auf, dass jedoch nicht nur die ästhetischen Ideen der Gebrüder Schlegel revolutionär sind, auch die privaten Lebensumstände werden in Jena schnell zum Gespräch. Die Gebrüder Schlegel lebten in der Leutragasse 5 in einer Art Wohngemeinschaft, in der die Frauen auf Augenhöhe mit ihren Männern diskutieren durften. Friedrich Schlegel und seine Frau Dorothea Veit lebten zudem in „wilder Ehe“ und August Wilhelms Frau Caroline hatte ein bewegtes Vorleben und entschied sich später mit dem neuen philosophischen Shootingstar Friedrich Wilhelm Schelling eine Affäre zu beginnen. Die spätere Scheidung ging in aller Freundschaft vonstatten und diese uns bekannte Modernität von Liebesbeziehungen war damals nah am Skandal.
Die Geschehnisse werden in Neumanns Erzählung mit einer Lebendigkeit aufgeladen, die zu den geschilderten Impulsgebern der Romantik passt. Der Fokus liegt hierbei weniger auf den veröffentlichten Schriften und darin enthaltenen zentralen Gedanken. Hier verbleibt Neumann oftmals nur an der Oberfläche. Stattdessen geht es um die Charaktere und mit dieser Darstellung kann man als Leser:In Bezüge zu den entstehenden Werken herstellen. Mich hat in diesem Buch vor allem die Darstellung der einflussreichen Frauen überrascht und dann wiederum gefreut, denn diese Frauen waren in der literaturhistorischen Betrachtung viel zu lange nur Nebenfiguren gewesen. Das geschilderte Leben in Jena zeigt auf, dass die dort lebenden Personen sich gut untereinander beflügeln konnten. Der stetige Ideenaustausch ist Basis der Romantikbewegung und meine Faszination für diese Epoche nimmt zu. Der flotte Schreibstil macht das Buch zugleich unterhaltsam.
Fazit
Wer von diesem Buch eine detailtiefe Untersuchung der Romantik und ihrer künstlerischen Werke erwartet, der ist definitiv nicht beim richtigen Buch. Aber dies macht das Buch mit dem Titel und dem Klappentext auch deutlich. In diesem Buch geht es um die handelnden Personen, deren Charakterzüge und Lebensumstände. Dieser Fokus sondert das Buch auch von anderen Darstellungen ab und gibt einem durchaus neue Erkenntnisse. Sicherlich ist an der ein oder anderen Schilderung zu viel Interpretation mit dabei, trotzdem besticht das Buch mit der Nähe zu den historischen Figuren. Für mich war das Lesen eine Bereicherung und hat mir nochmals auf einer anderen Ebene aufzeigen können, wie bahnbrechend die Romantiker für Kunst und Gesellschaft waren.
Autor:Inneninformation
Peter Neumann (1987) studierte Philosophie, Politik- und Wirtschaftswissenschaften in Jena und Kopenhagen. Schwerpunkt der philosophischen Studien war der Deutsche Idealismus. Neben wissenschaftlicher Tätigkeit an Hochschulen, veröffentlichte Neumann auch lyrische Werke und 2021 bei der ZEIT als Redakteur zu arbeiten.
Werbung aus Liebe zum Buch:
Wertung: 🐧🐧🐧🐧
Titel: Jena 1800
ISBN: 978-3-570-55419-7
https://www.penguin.de/Paperback/Sternstunden/Peter-Neumann/Pantheon/e559122.rhd