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Bei den Darmstädter Krimitagen sind an jedem Leseabend zwei Autor:Innen zu erleben. Ich bin an insgesamt drei Abenden vor Ort und im Blog stelle ich die Autor:Innen und ihre Krimireihen vor. An einem Abend präsentiert sich neben Jan Beck der Autor Johannes Groschupf, der kurzfristig für Leon Sachs einsprang. Mir war der Autor schon zuvor durch seinen mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichneten Roman „Berlin Prepper“ bekannt (Besprechung unter: https://www.erzaehlwas.de/groschupf-johannes-berlin-prepper-rezension/).
Der Roman „Berlin Heat“ erschienen im Suhrkamp Verlag, ist wie „Berlin Prepper“ ein Berlin Roman, der uns in die dunklen und durchaus brutalen Ecken Berlins führt. Johannes Groschupf knüpft stilistisch an Crime Noir an, wobei er an vielen Stellen einen feinen beobachtenden Witz erkennen lässt.
Ein AfD-Politiker inszeniert seine Entführung kurz vor der nächsten Wahl und dies führt ihn ausgerechnet in eine Wohnung von Tom Lohoff. Der junge Mann vermietet Wohnungen für Partygäste und sorgt mit seinen Kontakten notfalls auch noch für die notwendigen Drogen für den Partyabend. Mit seinen Einnahmen kommt Lohoff allerdings nicht hin, denn seine Spielsucht lässt ihn immer tiefer in Schulden im Milieu in Berlin versinken. Das Geld für die Vermietung der Wohnung kommt somit zum richtigen Zeitpunkt, doch aus irgendeinem Grund wirkt die Sache von Beginn an nicht sauber. Als Lohoff den entführten Politiker im Fernsehen erkennt, zieht er seinen Vater, einen Ex-DDR Polizisten mit kleiner Stasi-Vergangenheit hinzu. Der Roman bezieht seine Spannung daraus, dass Tom seine Schulden dringend zurückzahlen muss, denn sonst riskiert er seine Freundin an einen Zuhälter zu verlieren.
Johannes Groschupf gelingt es durch dieses Setting aufzuzeigen, wie kriminelle Strukturen einen Sog entwickeln und dass in diesen Parallelgesellschaften die Logik nicht immer eine Chance hat. Groschupf überzeichnet bestimmte Szenerien, entlarvt aber auf diese Weise das von ihm geschilderte Niveau. Großartig stellt man sich die Szene vor, in welcher der AfD-Politiker seine Sicht der Dinge gegenüber einem DDR-Verhörspezialisten offenbart. Tom Lohoff hat Elemente eines tragischen Helden. Grundsätzlich wirkt er überfordert mit dem eigenen Leben, weiß keinen Ausweg aus seiner Situation und verstrickt sich immer tiefer in Probleme. Während seiner Versuche die Schulden zu tilgen und gleichzeitig die Situation in der Mietwohnung zu lösen, gerät er in Kontakt mit der Polizistin Romina. Groschupf integriert die Polizei in seine Milieustudie und sicherlich entspricht dies nicht den realen Geschehnissen, dient Groschupf aber zu einer Darstellung gesellschaftlicher Realität, die Probleme nicht verschweigt.
Mir gefällt an seinem Roman, dass er einem Soziologen gleich ein Milieu auffächert und die Besonderheiten durch Überzeichnungen herausstellt. Vermissen lässt dieser Roman an vielen Stellen ein hohes Spannungsniveau. Johannes Groschupf setzt hierauf keinen Fokus, sondern zeigt vielmehr, dass auch in einem gut geschriebenen Kriminalroman das Potenzial eines Gesellschaftsromans schlummert.
Fazit
Zusammenfassend kann ich diesen Roman allen Fans von Kriminalliteratur empfehlen, die von dieser mehr als nur einen spannenden Fall erwarten. Dieser „Berlin Noir Krimi“ weiß auf jeden Fall mit teilweise satirisch wirkenden Passagen und einer interessanten Milieustudie zu überzeugen. Johannes Groschupf zeigt in diesem Roman ähnlich wie in „Berlin Prepper“, was ihn zu einem besonderen Kriminalautoren in der deutschsprachigen Landschaft macht.
Autor:Inneninformation
Johannes Groschupf (geb. 1963) studierte Germanistik, Anglistik und Publizistik. Seit 1999 ist er als Schriftsteller tätig und veröffentlicht vor allem Kriminalromane. Für seinen Roman „Berlin Prepper“ wurde er 2019 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧1/2🐧
Johannes Groschupf: Berlin Heat
ISBN: 978-3-518-47139-5
