Das Freibad als verbindendes Zentrum – Frank, Arno: Seemann vom Siebener

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Die Ferien sind zu Ende, doch das Wetter zeigt uns in diesen Tagen nochmals seine sonnige Seite. Es ist Freibadwetter und passend habe ich dazu einen weiteren Titel im Angebot, den ich den Freibadschwerpunkten der Kultursendungen dieses Jahres entnommen habe. Arno Frank hat einen Roman geschrieben, in dem das Freibad zentraler Ort ist und damit passt er noch besser als Caroline Wahl zum Schwerpunkt.

Das Freibad als Klebstoff einer Collage

Es ist einer der letzten Tage der Sommerferien und es kommt noch einmal alles im Freibad zusammen. Wir erleben die Liegewiese, den Eingangsbereich und den Sprungturm. All dies nimmt uns mit in eine Ortsgemeinschaft in der Pfalz. Der Siebenmeterturm ist in diesem Freibad nach einem tragischen Zwischenfall gesperrt. Bademeister Kiontke ist trotzdem noch im Amt und geht seinen Aufgaben nach. Eine Kindergruppe ist samt ihrer Betreuerin ins Bad gekommen und dann finden sich noch zwei ehemalige Freunde ein, die ein Trauerfall zusammenbringt. Mit dem Sprungturm beschäftigt sich zudem noch ein Geschwisterpaar und überlegt den Seemann Sprung zu wagen. Der Roman liest sich wie eine Collage verschiedener Kurzgeschichten, die sich über gemeinsame Vergangenheit und vor allem den Ort Freibad zusammenfügen.

„Ich bin alt, sehr alt. Wenn ich nach vorne schaue, sehe ich dort nicht mehr viel. Dafür öffnet sich, wenn ich zurückschaue, ein ganzes Leben. Das Leben ist kostbar, wenn Sie es so wollen. Die Erinnerungen daran sind es nicht immer.“

Frank, Arno: Seemann vom Siebener, 2023, Tropen Verlag, S.145.

In diesem Roman versammelt Arno Frank verschiedene Menschen. Er steigt tief in seine Figuren ein, obwohl der Roman nicht besonders lang ist. Mit kurzen Spotlights, sowie den Erinnerungen der Figuren, gelingt dem Autor ein pointierter Blick. Über den Roman hinweg verknüpfen sich die Figuren mit ihren Schicksalen. Das Zitat könnte als Motto des Romans vorangestellt werden. In den wenigen beschriebenen Szenen offenbart sich, wie kostbar ein Augenblick sein kann. Frank zeigt auch die Schattenseiten seiner Figuren. Er versteckt deren Innerstes nicht, sondern zeigt es in Handlungen und Aussagen. Einzig Bademeister Kiontke erscheint beim Lesen kryptisch und es baut sich deshalb eine Spannung um den tragischen Unfall herum auf. Man weiß allerdings erst Mitte des Romans, wie sich die nebeneinander laufenden Geschichten verbinden. Bis zu diesem Moment erweist sich der Text an der ein oder anderen Stelle als sperrig. Mir fehlt an vielen Stellen Humor, die melancholischen Momente sind besser geschildert. Stärke des Buches ist, dass wir auf Lebensgeschichten und -entwürfe von nebenan treffen. Man identifiziert sich somit den geschilderten Schicksalen. Da ich ebenfalls aus einem kleinen Ort komme, ist es für mich nachvollziehbar, wie sich in diesem Freibad alles miteinander verbindet.

„Überall liegen sie herum, diese Bäder, wie umgekehrte Inseln, sporadisch hineingestreut in die Fläche, und zusammen bilden sie einen geheimen Archipel der Glückseligkeit.“

Frank, Arno: Seemann vom Siebener, 2023, Tropen Verlag, S.83.

Ich spüre meinen eigenen Freibaderinnerungen nach und weiß um die wunderbaren Momente mit meinen Freunden. Ich erinnere mich an den gemeinsamen Spaß und doch auch, wie wir die Zeit auf der Liegewiese für ernste Gespräche nutzten. Für mich ist das Zitat deshalb zutreffend. Nicht verständlich ist für mich die Ich-Perspektive, welche den Teil mit den beiden Geschwistern erzählt. Dieser Part lebt nämlich eigentlich von der Distanz. Damit passt die Perspektive wenig zu den mysteriösen Geschehnissen rund um den Sprungturm. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob man diesen Romanpart nicht auch als Erinnerung des tragischen Opfers lesen könnte. Dann wären diese Erinnerungen natürlich verfälscht. Zentrum der Collage ist für mich deshalb die verpasste Liebesgeschichte von Josephine und Max. Hier gelingt es Arno Frank, die intime Nähe der beiden Figuren zu zeigen und gleichzeitig zu offenbaren, dass es eine nur schwer zu überbrückende Distanz gibt. Die titelgebende Sprungfigur zeichnet sich dadurch aus, dass die Arme am Körper angelegt bleiben. Sie dürfen nicht beim Steuern des Sprungs helfen. Ähnlich funktioniert dieser Roman. Die Geschichten fügen sich ohne steuernde Hand zusammen, ohne dabei zufällig zu wirken. Genau dieser Kniff ist der ästhetische Reiz des Textes. Sprachlich ist der Text ansprechend geschrieben und die Dialekteinschnitte erhöhen die Authentizität und sind passend.

Fazit

Mich hat dieses Buch erst nach einigen Seiten gepackt, denn zunächst musste ich verstehen, wie diese Collagentechnik funktioniert. Die geschilderten Geschichten gefallen mir größtenteils und erschaffen das Abbild einer Dorfgemeinschaft. Dieses Buch ist keine Lektüre, die allen Leser:Innen gefallen möchte. Der Text sollte all jene reizen, die gute Beobachtungen unserer Gesellschaft mögen. Empfehlen kann man es allen Lesefreunden der Deutschen Gegenwartsliteratur.

Werbung aus Liebe zum Buch

Wertung: 🐧🐧🐧1/2🐧

Arno Frank: Seemann vom Siebener

ISBN: 978-3-608-50180-3

https://www.klett-cotta.de/produkt/arno-frank-seemann-vom-siebener-9783608501803-t-5565

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