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In diesem Jahr habe ich mich dank des tollen Kulturprogramms der Stadt Darmstadt intensiv mit Krimis auseinandergesetzt. Erst habe ich die Krimitage im März besucht und dann nochmals die Criminale im Mai. Ich habe unglaublich viele neue Lesetipps bekommen. Toll fand ich, dass man sich vor allem mit unabhängigen Verlagen auseinandersetzen konnte, deren Krimis nur selten den Weg in die Bestsellerlisten finden. Zu Unrecht wie manche Lektüre zeigen wird und vor allem sind es die unabhängigen Verlage, welche eine wunderbare Vielfalt liefern. Der Gmeiner Verlag aus Baden-Württemberg ist richtigen Krimifans seit Jahren ein Begriff. Krimis aus dem gesamten deutschsprachigen Raum prägen das Verlagsprogramm und in der Durchschau der Vorschau bin auch ich auf spannende Titel gestoßen. Einen davon möchte ich heute vorstellen, denn er passt zu meiner Karl May Vorliebe. In Winnetod von Antonia Fehrenbach geht es nämlich um die Karl May Spiele in Bad Segeberg.
Auf der Suche nach einem Psychopathen im Umfeld der Karl May Festspiele
Der Roman zieht einen mit den ersten Seiten direkt in die Handlung ein, da wir aus der Opferperspektive mitten in eine Verfolgungsjagd hineingezogen werden. Insgesamt wählt Antonia Fehrenbach gerne das Mittel der internen Fokalisierung, die Kapitel geben an, welcher Figur wir nun folgen. Eine kleine Schwäche ist, dass es über das gesamte Buch hinweg etwas zu viele Figurenperspektiven werden. Fehrenbach schickt jedoch tolle Ermittlerfiguren ins Rennen, denen sie durch die verschiedenen Perspektiven eine gute psychologische Tiefe gibt. Mit viel Mühe wird die Polizeiarbeit äußerst plastisch dargestellt. Dies alles bindet sich wunderbar in den Spannungsaufbau der Handlung ein. Die Ermittler suchen nach Nele Peters, einem Mädchen das nach einer Party nicht nach Hause zurückgekehrt ist. Kriminalkommissar Steffen Hinrichs befürchtet, dass in Bad Segeberg ein Serienmörder erneut zugeschlagen hat. Schließlich verschwanden in den vergangenen Jahren immer wieder junge Mädchen aus dem Umfeld von Karl May Festspielen in Deutschland. Er bindet die Kollegen des LKA aus Kiel ein, denn die Ermittlungen sind alles andere als einfach.
Der Fall Nele Peters war besonders delikat. Es gab weder ein Opfer noch einen Täter und somit auch keinen Tatort, nichts, das sich faktisch zusammenbringen ließ.
Antonia Fehrenbach: Winnetod, 2022, Gmeiner Verlag, S.121.
Die handelnden Personen und die Dialoge sind gut ausgearbeitet, lassen Bilder im Kopf entstehen. Zudem binden die Ermittler in ihre Überlegungen immer wieder gekonnt den regionalen Bezug zu den Karl May Spielen mit ein, deren Arena zugleich Handlungsort ist. Die Anspielungen zeigen vom Wissen des Werkes von Karl May und sind zugleich nicht zu tief, um keine Leserschaft abzuschrecken die hierzu keinen Bezug hat. Die Ermittlungen schreiten nur langsam voran, aber die Anzeichen mehren sich schnell, dass sie es mit dem Festspielmörder zu tun haben. Doch wie will man jemanden stoppen, dessen Identität unklar ist und dessen Spuren sich schnell verlieren? Hinweise auf Tätern aus dem Festivalumfeld geht man nach und Fehrenbach zeigt hierbei, dass sie sich auch mit den Begebenheiten in Bad Segeberg gut auskennt. Die Detailkenntnis über die polizeilichen Ermittlungsmethoden beeindruckt und zieht einen in den Text hinein. Highlight ist für mich die Schilderung der Arbeit mit Polizeihunden. Diese Passagen sind wunderbar recherchiert und zugleich äußerst spannend. Aufgrund der Schwierigkeit der Ermittlungen, wählt eine der Ermittlerinnen unkonventionelle Methoden. Diese Szenen amüsieren und machen zugleich deutlich, dass die Ermittlerin mit hoher Leidenschaft agiert. Die Suche nach Nele Peters baut sich sehr spannend auf, die immer wieder eingestreute Opferperspektive verstärkt die Angst darüber, das Mädchen noch lebend zu finden. Highlight des Romans sind für mich die Szenen am Kalkberg und vor allem in der Fledermaushöhle. Detailreich, spannend mit pointierten Dialogen hat mich diese Szene so begeistert, dass ich das Buch nicht weglegen konnte. Ich habe den Krimi wirklich total gerne gelesen, doch am Ende zeigen sich auch Schwächen. Es werden unvermittelt Zeugenaussagen in anderer typographischer Gestaltung eingezogen, deren Bedeutung für die Ermittlungen sich nicht gänzlich erschließen. Zudem nimmt der Roman am Ende so viel Fahrt auf, dass er seine Stärke des strukturierten Aufbaus und der Detailliebe verliert.
Fazit
Antonia Fehrenbach ist ein guter Kriminalroman gelungen. Ausgangspunkt war für mich der Bezug zu den Karl May Festspielen, doch während der Lektüre entfernte ich mich davon und begeisterte mich an den tollen Ermittlerfiguren und der detailreichen Darstellung der Polizeiarbeit. Ich habe einiges gelernt und mich direkt in die Ermittlungen eingebunden gefühlt. Fehrenbach setzt einige Handlungshighlights und doch verliert sie leider am Ende etwas ihre Linie, was meinen äußerst positiven Gesamteindruck jedoch nur etwas trüben konnte. Wer einen spannenden Krimi mit gut recherchierter Polizeiarbeit sucht, der ist hier auf jeden Fall an der richtigen Stelle.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧🐧
Antonia Fehrenbach: Winnetod
ISBN: 978-3-8392-0212-8