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„Nordstadt“ von Annika Büsing aus dem Steidl Verlag, erzählt uns die Geschichte von Nene und Boris. Nene ist als Bademeisterin in einem öffentlichen Schwimmbad im Ruhrgebiet tätig. Dort lernt sie Boris kennen, der aufgrund einer Erkrankung an Kinderlähmung viel Ausgrenzung erfahren hat und vom Leben nicht mehr viel erwartet. Doch auch Nene muss schwierige Erfahrungen inklusive von Gewalt verarbeiten. Der Roman erzählt, wie diese beiden Figuren versuchen in ihrer sich anbahnenden Zuneigung, Emotionen zu verarbeiten und Nähe zuzulassen.
Diese Rezension soll der erste Teil meiner Kulturtour werden, denn bevor ich meine Tour nach Nordrhein-Westfalen begonnen habe, standen in Frankfurt am Main Veranstaltungen an. Meine Touren zu Kulturveranstaltungen werden immer von Büchern begleitet werden und ergänzen diese Reisen aus meiner Sicht, denn schließlich kann man auch mit Büchern wunderbar im Kopf verreisen. Annika Büsing war mit ihrem Debütroman im Frankfurter Mousonturm zu Gast und entführt uns in ihrer Geschichte ins Ruhrgebiet. Der Titel „Nordstadt“ ist dabei zentral als Himmelsrichtung für soziale Brennpunkte gemeint, denn im Ruhrgebiet trifft dies oft auf die nördlichen Stadteile zu.
„>> Ich liebe dich<<, sage ich.“.
Büsing, Annika: Nordstadt, 2022, Steidl Verlag S.5.
Der Debütroman von Annika Büsing erzählt eine Liebesgeschichte, die doch so ganz anders daherkommt, als man dies von den meisten Romanen kennt. Wir erleben zwei Figuren, mit denen es das Leben bisher alles andere als gut gemeint hat. Sie träumen auch nicht von romantischen oder von Kitsch geprägten Beziehungen, sondern ihre Beziehung ist geprägt von den Versuchen gegenseitige Nähe zuzulassen. Nene verlor im Alter von acht Jahren ihre Mutter und musste mit einem gewaltbereiten Vater auskommen und Boris hat infolge seiner Erkrankung an Kinderlähmung Mobbing und Ablehnung erfahren. Für Nene ist das Schwimmbad ein konstanter Begleiter in ihrem Leben und so ist es auch passend, dass sie Boris in diesem kennenlernt. Die Geschichte wird aus ihrer Perspektive erzählt und Büsing wählt hierfür eine rauen Erzählton, der seine Authentizität aber aus einer Klarheit speist, die den Figuren eine passende Stimme verleiht. Das Erzählte zeichnet eine Entwicklung der Beziehung nach, die bei beiden Figuren aufzeigt, was ihre Bereitschaft sich aufeinander einzulassen erschwert. Büsing zeigt uns eine Welt, in der Armut, Kindesmisshandlung, Alkohol und Ausgrenzungen eine Rolle spielen, Gewalt nicht immer nur eine Ausnahme ist. Es wird nichts kommentiert, sondern diese Welt entfaltet sich vor dem lesenden Auge. Bezeichnend für diese existierenden Welten, deren wir uns alle bewusst sind, diese aber doch so selten wahrnehmen, ist eine Szene im Kino. In dieser Szene trägt Boris einen Konflikt aus, der in einer kleinen Schlägerei endet, in die er selbst dann gar nicht mehr verstrickt wird. Wie unsichtbar kann er dem Konflikt entfliehen, eine Unsichtbarkeit, wie sie sich sicherlich das ein oder andere Mal in seinem Leben gezeigt hat. Büsing gelingt es, dieser Beziehung durchaus angedeutete liebevolle Momente einzuschreiben, die dann aber zugleich wieder von einer Angst begleitet werden, dass man sich nicht vertrauensvoll auf den Anderen einlassen kann. Sie lässt ihren Figuren den nötigen Raum und sie mit ihrer jeweiligen Charakterstärke den Roman und seine Handlung tragen. Man fiebert durchaus etwas mit, wünscht ihnen ein versöhnliches Ende und weiß doch auch, dass dieser Roman noch weitere Geheimnisse der Vergangenheit auflösen wird, welche das Leben der Beiden belasten.
Nach dem ersten Lesen musste ich mir überlegen, wie ich mit der dargestellten Liebesgeschichte umgehen will. Der Roman zeigt mir eine Welt, in der ich mich selbst nie bewegt, aber schon einige Romane aus ihr gelesen habe. Christian Baron wäre hier zu nennen und doch ist diese Liebesgeschichte etwas ganz Anderes. Spätestens mit der Lesung im Mousonturm konnte mir die Autorin, allein durch das Vorlesen einiger Passagen nochmals einen anderen Blick auf den Roman verschaffen. Er changiert zwischen rauem Ton, der seinen Inhalt jedoch manchmal nur leise aufscheinen lässt und einer Darstellung von Weltkonfrontation, die hart und erdrückend wirkt. Damit hat mich das Buch bei meinem zweiten Durchgang mit Anmerkungen in seinen Bann gezogen. Somit gibt es von mir eine Leseempfehlung für alle, die einen Blick in diese Welt wagen wollen und eine Liebesgeschichte lesen möchten, die alle romantischen Klischees verweigert, aber eine Hoffnung auf Nähe verbreitet.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧🐧
Annika Büsing:
Nordstadt
ISBN: 978-3969990643
Preis: 20,00€