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„Das Dämmern der Welt“ von Werner Herzog, erschienen im Hanser Verlag, erzählt eine mir bis dahin unbekannte Geschichte, die unglaublich erscheint. Der junge Japaner Hiro Onoda dient auf der Insel Lubang, die 1945 im Zweiten Weltkrieg durch die USA eingenommen wird. Onoda flüchtet mit wenigen Soldaten in den Dschungel und hält die Stellung. Inmitten dieses Dschungels erfährt er nichts von der Kapitulation Japans. Bis 1974 hält er diese Stellung und verlässt sie erst, als er von seinem ehemaligen Offizier quasi eine Art Befehl erhält. Die Geschichte basiert auf wahren Tatsachen.
Die Nacht wälzt sich in Fieberträumen, und schon beim Erwachen, wie ein kaltes Frösteln, ist die Landschaft ein zum Tag verwandelter, statisch knisternder Traum, der nicht vergehen will, zuckend wie schlecht verkabelte Neonröhren zucken.
Herzog, Werner: Das Dämmern der Welt, 2021, Hanser Verlag, S.9.
Diese Geschichte hat mich wirklich fasziniert. Ich hatte noch nie von diesem japanischen Soldaten gehört, an dem das Kriegsende vorbei gegangen ist. Werner Herzog wählt für seine Erzählung traumähnliche Schilderungen, die zwischen Realität und Vorstellung wandeln und damit auch das Überleben im Dschungel plastisch darstellen. Die Hauptfigur wird nicht als kriegslustiger Soldat gezeichnet, sondern das Pflichtbewusstsein ist entscheidendes Verhaltenskriterium. Er erfüllt seinen Befehl, die Insel gegen alle Herausforderungen zu verteidigen. So gelingt es, dass man der Logik der Hauptfigur durchaus folgen kann, auch wenn die Vermutungen, dass man ihm eine Falle stellt, an der ein oder anderen Stelle durchaus absurd wirken. Dieses Pflichtbewusstsein fasziniert mich als Leser. Zudem kann man in dieser Haltung durchaus Parallelen zu Menschen erkennt, die glauben den Überblick über Geschehnisse zu haben, während sie sich immer mehr in ihrer eigenen Welt verlieren.
Herzog macht auch keinen Hehl aus der Fiktionalisierung der Geschichte. Schon der erste Satz zeigt auch die literarisch-ästhetische Qualität des Textes, dem es immer wieder gelingt eine Sprachdichte auszustellen, die filmische Elemente einbindet, auch unterstützt durch technische Metaphorik im Naturraum. Die Jahre vergehen und Onada muss auch den weiteren Verlust von Kameraden verarbeiten. Die Einsamkeit nimmt somit für die Hauptfigur auch zu und erschwert damit die Auseinandersetzung mit den Geschehnissen um ihn herum. Selbst über ihm abgeworfene Tageszeitungen lassen ihn an seiner Kriegsrealität nicht zweifeln. Gleichzeitig zeigt sich das Pflichtbewusstsein auch in seinem konzentrierten Überleben im Dschungel. Trotz der Widrigkeiten versucht er die Tage so genau wie möglich erfassen möchte. Durch die Erzählstruktur verfängt man sich im Text und die vergehenden Jahre erscheinen überhaupt nicht zu lange. Herzog schafft dies durch pointierte Sprache, die mit soghaften Bildern gekoppelt ist, sodass wir uns mit Onoda im Dschungel verlieren.
Diese Erzählung ist aus meiner Sicht ein literarisches Geschenk. Zum einen wird mir eine Geschichte erzählt, basierend auf historischen Tatsachen, die schon aufgrund ihrer absurden Art und Weise als Fiktion glaubhafter, als in einem Sachbuch wirkt. Gekonnt erzählt Herzog in einer zugespitzten Sprache, die sich jedoch nie ihrer ästhetischen Schönheit entzieht. Die Natur des Dschungels wird durch Sprache spürbar. Onoda wirkt als Figur nie lächerlich, sondern man folgt seinem Handeln, ohne dass man die Logik der Figur infrage stellt. Aufgrund all dieser Qualitätsaspekte gibt es von mir für diesen schmalen Band eine absolute Leseempfehlung und meine Höchstwertung.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧🐧🐧
Werner Herzog:
Das Dämmern der Welt
ISBN: 978-3446270763
Preis: 19,00€
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/das-daemmern-der-welt/978-3-446-27076-3/