Kurz vor Heiligabend, am 21. Dezember, möchte Phileas Fogg wieder zurück von seiner Reise um die Welt sein. Jules Verne ist einer der großen Romanciers der Abenteuerliteratur und ein Vordenker der Science-Fiction-Literatur. Viele verschiedene Autor*Innen haben im Nachgang auf Motive seines Werkes zurückgegriffen und so ist „In 80 Tagen um die Welt“ sicherlich ein passender Klassiker für meinen Blog, da ich ja einen großen Bezug zu den Reiseerzählungen Karl Mays habe. Seit dem 19. Jahrhundert begeistert dieser Roman bis in unsere heutige Zeit, wie auch die aktuelle Mini-Serienadaption im ZDF zeigt, die ich ebenfalls noch bespreche.
Der wohlhabende Phileas Fogg verbringt seine Freizeit in einem Londoner Club und bei einem Gespräch kommt es zu einer Wette. Fogg behauptet die Erde innerhalb von 80 Tagen umrunden zu können. 20.000 Pfund beträgt der Wetteinsatz und kaum ist die Wette abgeschlossen, möchte Fogg die Reise schnellstmöglich starten. Spontan wird der Diener Jean Passepartout als Reisebegleiter engagiert. Die bestürzte Abreise und eine existierende Täterbeschreibung bringen Fogg in den Verdacht einen Banküberfall begangen zu haben. Ihnen wird deshalb Inspektor Fix hinterher geschickt. Genutzt werden bei der Reise um die Welt verschiedenste Transportmöglichkeiten, doch sowohl ungeahnte Ereignisse, als auch die Ermittlungen behindern die Reise immer wieder und setzen den Wetterfolg aufs Spiel.
Eine Abenteuerreise mit dem technischen Fortschritt
Ich kannte bisher nur filmische Adaptionen, sowie ein Hörspiel dieses Literaturklassikers und so war es sicherlich langsam an der Zeit das Original zu lesen. Und ich muss sagen, die verschiedenen Adaptionen haben ein ganz anderes Bild gezeichnet. Jedoch erkennt man schnell die literarische Qualität. Die beiden Hauptfiguren sind gut kombiniert. Der pedantische Fogg und sein chaotischer Diener Passepartout sorgen im Zwischenspiel für heitere Momente, wachsen aber auch über die Reise immer enger zusammen. Die Naivität von Passepartout begünstigt auch die Ermittlungen von Fix, der sich sein Vertrauen erschleicht. Die Reise um die Welt lebt von den verschiedenen Kulturen mit denen die Abenteurer in Kontakt kommen. Alles natürlich auch nur möglich, da der technische Fortschritt verschiedene Reisemöglichkeiten gebracht hat, die nun eine solche Reise begünstigen. Fogg hat dies immer im Blick und genaue Berechnungen unternommen. Fogg ist von seinem Ziel überzeugt und verfolgt es trotz Hindernissen, wie einer nicht fertiggestellten Bahnlinie in Indien, beharrlich. Er scheut das Risiko alternativer Lösungen nicht. Die Beschreibungen der Geschehnisse müssen für die Leserschaft der damaligen Zeit neue Erfahrungen gebracht haben. Aus heutiger Sicht ist man hier natürlich schon andere Dinge gewohnt. Trotzdem liegt der Reiz des Romans in dieser Grundstruktur.
„>>Wenn man den Erdball jetzt also in drei Monaten umrunden kann …<< >>In 80 Tagen<<, warf Phileas Fogg ein.“
Verne, Jules: In 80 Tagen um die Welt, S.20, Reclam Verlag 2021.
Es wird der Wunsch nach Erlebnissen zum Thema und zugleich das Ziel Dinge immer schneller erreichen zu können. Genau dies sind die Antriebsmotoren des Fortschritts. Der Text baut seine Spannung zum einen aus der Wette heraus auf und zum anderen aus den Andeutungen, dass es sich bei Fogg um einen Bankräuber handeln könnte. Sein exzentrisches Verhalten hat mich als Leser zunächst an ihm zweifeln lassen.
Durch meine Kenntnis der Adaptionen und durchs Cover war ich durchaus überrascht, dass es im ganzen Text keinen Reisemoment mit dem Heißluftballon gibt und auch andere Begebenheiten der Geschichte waren in den filmischen Interpretationen deutlich gefährlicher geschildert. Somit sieht man in den Abenteuern durchaus weniger Gefahr und verfolgt die Geschichte ohne große Befürchtungen. Spannend ist es, wenn die Beiden in Indien eine indische Prinzessin zu retten. Diese junge Dame verändert die Reise als solche nicht, durchdringt den Panzer von Fogg jedoch zunehmend. Die Kriminalgeschichte ist eine Geschichte der stetigen Verzögerung und daraus entsteht Spannung, aber auch eine Weiterentwicklung der Figuren. Vernes hat die Geschichte bis zum Ende hin komponiert und so entsteht zum Schluss nochmals ein erhöhter Spannungsbogen. Ebenso werden Zweifel der Abenteurer angedeutet, ohne, dass diese jemals die gesamte Operation in Gefahr bringen.
Unterhaltendes Entdeckerspiel
Dieser Klassiker bietet durchaus Unterhaltungspotential, aber da wir so viel gefährlichere Schilderungen in heutigen Romanen kenne, entstehen durchaus gewisse Längen. Mich begeistert die Grundidee und welche Vorreiterrolle Verne damit einnehmen konnte. Zudem finde ich die beiden Hauptfiguren in ihrer Kombination gelungen. Es entsteht beim Lesen keine Hochspannung, aber der Roman bietet viele unterhaltsame Szenen. Ich bin froh, dass ich mich diesem Klassiker nun gewidmet habe und finde tatsächlich, dass man ihn auch als Text und nicht nur in seinen verschiedenen Interpretationen kennen sollte.
Werbung aus Liebe zum Buch
Wertung: 🐧🐧🐧
Jules Verne:
In 80 Tagen um die Welt
ISBN: 978-3150206492
Preis: 10,00€